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Die Wirtschaftsuniversität (WU) Wien macht ab Herbst 2006 mit dem Bakkalaureat-Studium "Wirtschaftsrecht" dem Jus-Studium der Universität Wien Konkurrenz. Diese bereits angekündigte Maßnahme wurde nun mit der Erlassung des Studienplans konkretisiert.

Doktorat ab Sommer

Ab Herbst 2007 schließt sich daran ein zweijähriges Masterstudium, so WU-Rektor Christoph Badelt und Stefan Griller vom Fachbereich Rechtswissenschaften an der WU bei einer Pressekonferenz am Freitag. Der Studienplan für das Masterstudium soll noch vor dem Sommer beschlossen werden. Bereits im heurigen Sommer kann an der WU ein rechtswissenschaftliches Doktoratstudium begonnen werden.

Juristische Kernberufe

Die Absolventen des dreijährigen Bakkalaureatstudiums sollen vor allem in Rechtsabteilungen, Vorstandssekretariaten, Strategie- und Planungsabteilungen sowie in Steuerberatungskanzleien unterkommen. Der Zugang zu juristischen Kernberufen wie Anwalt und Richter wird hingegen erst Absolventen des Masterstudiums offen stehen. Noch nicht entschieden ist, ob bereits Bakkalaurei das Gerichtsjahr absolvieren dürfen.

Fokus Wirtschaftsrecht

Unterschiede zum Jus-Studium an der Universität Wien gibt es sowohl im inhaltlichen als auch im didaktischen Bereich: "Wir machen nicht Rechtsgeschichte, Mord und Totschlag oder das Recht der Festlandsockel", betonte Griller. Aus dem Völkerrecht würden aber etwa die Regeln der Welthandelsorganisation WTO eine wichtige Rolle spielen. Der Fokus des Studiums werde ganz klar auf wirtschaftsrechtlichen Fragen liegen.

Vom Fall zum System

Didaktisch wolle man vom Fall- zum Systemverständnis kommen und nicht - wie am Juridicum - umgekehrt. Außerdem sollen materielles und Verfahrensrecht zusammen vermittelt werden - die Trennung dieser beiden Bereiche sei "überholt", so Griller. Im Gegensatz zur bisherigen Juristenausbildung soll auch nicht nur "rechtspathologisch" gearbeitet werden, also nicht nur Lösungen gesucht werden, wenn bereits etwas schief gegangen sei. Wichtig sei auch die Frage "Wie mache ich einen Vertrag, damit er auch hält". Österreichisches und EU-Recht sollen nicht nebeneinander in Blöcken, sondern gemeinsam vermittelt werden: "Man kann Zulassungsbeschränkungen der Gewerbeordnung nicht beurteilen, ohne die gemeinschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen."

Bis zu 500 AnfängerInnen

Das derzeit von der WU angebotene vierjährige Diplomstudium "Wirtschaft und Recht", das keinen juristischen, sondern einen wirtschaftswissenschaftlichen Abschluss bringt, wird auslaufen. Für das neue Wirtschaftsrechts-Studium rechnet die WU mit bis zu 500 Studienanfängern pro Jahr, "Wirtschaft und Recht" hatte zuletzt 400 Erstsemestrige. Griller erwartet, dass auch ein Teil jener Studenten, die sonst ans Juridicum gehen würden, ihren Weg an die WU finden.

Neue Zugänge

Das Bakkalaureatstudium soll je zur Hälfte juristische bzw. wirtschaftswissenschaftliche Inhalte haben und sich in zwei Abschnitte (zwei bzw. vier Semester) gliedern. Im Master-Studium überwiegen dann die Rechtswissenschaften im Verhältnis 80 zu 20. Geplant sind auch die Vermittlung von "soft skills" wie Verhandlungstechnik, Sommerakademien mit Rechtsanwälten sowie fremdsprachige Lehrveranstaltungen.

"Wir wollen das Juridicum nicht kopieren, sondern uns auf unsere Stärke, die wirtschaftliche Kernkompetenz, konzentrieren", betont Griller. (APA,az)