Die 19-jährige Marielies Stieger (Foto) ernährt sich seit fünf Jahren vegetarisch und genießt ihren Lebensstil. Die Gründe, warum Jugendliche nur zu Gemüse greifen, sind vielfältig. Zumeist ist es Ausdruck gegen falsche Tierhaltung

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"Mir graust, wenn ich daran denke, dass ein Stück Tier vor mir auf dem Teller liegt."

Marielies Stigler (19) isst seit fünf Jahren vegetarisch und ist damit sehr glücklich. "Ich lebe nun viel bewusster, nicht nur beim Essen", meint Marielies, die derzeit ihr freiwilliges soziales Jahr in einem Behindertenheim absolviert.

Bettina Schmid, Ernährungsberaterin im Rogner-Bad Blumau bestätigt diesen positiven Effekt: "Vegetarier leben meist gesundheitsbewusster", ist sie überzeugt. Schmid begrüßt vegetarische Ernährung, macht aber darauf aufmerksam, Eiweiß und Eisen nicht zu vernachlässigen. "Vegane Ernährung ist hingegen kritisch zu betrachten, da einige Nährstoffe ganz fehlen, die essenziell sind", so die Expertin. Unter einer veganen Lebensform versteht man den Verzicht jeglicher tierischer Produkte und auch solcher, bei deren Herstellung Tierversuche nötig waren.

"Jede Ernährung kann zu Problemen führen, und jeder Körper reagiert anders", meint Matthias Broller, Chefredakteur des Informationsforums www.vegan.de. Er führt mögliche Mangelerscheinungen wie Ermüdung auf die sehr unterschiedliche Aufnahmefähigkeit des Körpers zurück.

"Mir fehlt überhaupt nichts", behauptet Lisa Gattermann (18). Seit drei Jahren lebt sie vegan, Mangelerscheinungen sind ihr jedoch fremd. Wegen den "von den Menschen ausgebeuteten Tieren", nicht aber wegen der eigenen Gesundheit, ernährt sich Lisa vegan. "Ich achte aber genauer auf die Inhaltsangaben auf der Verpackung, um keine versteckten tierischen Produkte zu übersehen." Laut einer vom Institut für Ernährungswissenschaften der Uni Wien durchgeführten Studie letztes Jahr, ernähren sich jedoch nur 0,2 Prozent der Wiener AHS-Schüler vegan, bei den Berufsschülern sind es knapp 0,1 Prozent. Als Vegetarier bezeichnen sich immerhin 5,6 Prozent der AHS-Schüler und 1,7 Prozent der Berufsschüler, wobei sowohl der Großteil der Veganer als auch der Vegetarier Mädchen sind.

"Freunde haben mich darauf aufmerksam gemacht, was wir Tieren eigentlich antun", sagt Martin Riefenthaler (19) der sich selbst als vegetarischer Mitläufer sieht. "Menschen haben kein Recht, Tiere zu quälen und zu töten", lautet auch Lisas Überzeugung.

Der Zusammenhang zwischen Vegetarismus und Tierschutz liegt für Monika Kehrer von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten auf der Hand. "Fleischproduktion fällt oft mit Tiermisshandlung zusammen", weiß Kehrer und deutet Fleischverzicht als "Protest gegen falsche Tierhaltung". "Es ist aber nicht notwendig Vegetarier zu werden, um Tiere zu schützen", führt Kehrer aus. Ziel der Vier Pfoten sei es viel mehr, über die Herkunft der Fleischprodukte zu informieren und über artgerechte Tierhaltung aufzuklären.

"Auf Fleisch zu verzichten, weil dafür Tiere sterben, ist kein Argument", meint "Fleischfanatiker" Philipp Bunzl (16), der auch gut ohne Gemüse auskommt und sich zu jenen 73,9 Prozent der Gymnasiasten zählt, die auf abwechslungsreiche Mischkost schwören.

Ein Fan von Mischkost zu sein, kann Christoph Hörhan, Sprecher von Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat, nicht von sich behaupten. "Ich bin seit meinem 14. Lebensjahr Vegetarier, und es hat sich bewährt", so Hörhan. Im Namen des Ministeriums rät er aber jedem zu einer ausgewogenen Ernährung, "wobei auch auf Fleisch nicht verzichtet werden sollte".

Um auch Volksschüler vielseitige Ernährung schmackhaft zu machen, wurde am Montag die so genannte "Gemüsebox" präsentiert, deren Projektmaterialien in den Unterricht einfließen sollen (Anna Maria Nics, Kim Eichhorn, Philip Jeschek/Der Standard-Printausgabe, 5.4.2005)