Wien - Im Vergabe-Krimi rund um das geplante Stadion in Klagenfurt für die Fußballeuropameisterschaft 2008 erneuerte der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz am Donnerstag seine Vorwürfe in Richtung Bundeskanzleramt. Mit der gestrigen Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) Kärnten sei klar, dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel der Bauherr sei und daher für das Schlamassel verantwortlich sei. Schüssel sei durch seine Unterschrift unter den Vertrag mit der UEFA für Österreich ein Risiko von mindestens 1 Mrd. Euro eingegangen, das durch sein Wegschauen täglich größer wird", sagte Pilz am Donnerstag vor Journalisten.

"Schüssel handelt grob fahrlässig"

Pilz forderte Schüssel auf, sein gutes Verhältnis zum Kärntner Landeshauptmann und Chef des neuen BZÖ, Jörg Haider zu opfern und nun für ein rechtsstaatliches und zeitgerechtes Vergabeverfahren zu sorgen. "Wenn das Stadion in Klagenfurt - was durchaus realistisch ist - nicht rechtzeitig gebaut werden kann und die EM platzt, sind Schüssel und Haider verantwortlich", so Pilz.

Schüssel handle "grob fahrlässig" betonte der Grüne Sicherheitssprecher und verwies neuerlich auf den Brief des Architekten Hermann Eisenköck, der dem Bundeskanzleramt bereits im Dezember 2004 vorgelegen sei, aber trotz der darin enthaltenen Vorwürfe (Parteienfinanzierung, Intervention) nicht an die Staatsanwaltschaft weitergegeben worden sei. Der Konter des Bundeskanzleramtes, man habe die "erforderlichen Maßnahmen eingeleitet, lässt Pilz nicht gelten: "Ein ordentlicher, seriöser Bauherr prüft nicht die Echtheit des Schreibens, sondern leitet das sofort an die Staatsanwaltschaft weiter."

"Der Bauherr ist der Bund"

Den heutigen Schachzug der Stadt Klagenfurt, den Auftrag für den Bau des Stadions neuerlich an die Baufirma Porr zu vergeben, nachdem der Unabhängige Verwaltungssenat Kärnten sich gestern für unzuständig erklärt hat und eine einstweilige Verfügung, die dies untersagte, dadurch aufgehoben wurde, hält Pilz für eine "politische Absichtserklärung", aber "rechtlich irrelevant". Die einstweilige Verfügung des Bundesvergabeamtes sei aufrecht, so Pilz, denn der Bauherr sei der Bund. "Ich warne davor, sich auf rechtlich unhaltbares Terrain zu begeben" so Pilz zur APA.

Es sei im Interesse der Stadt, die Umweltverträglichkeitsprüfung so bald wie möglich zu beginnen. Es sei aber richterlich nicht unproblematisch, weil dies die Zustimmung des Bauherren - also des Bundes - brauche.

"Rechtsstreit der Extraklasse", falls sich auch BVA unzuständig erklärt

Für morgen wird die Entscheidung des Bundesvergabeamtes erwartet, ob dieser sich für die Einsprüche gegen die Auftragsvergabe zuständig sieht. Wenn ja könnte das Verfahren aus Sicht von Pilz in ein bis zwei Wochen abgeschlossen sein. Sollte sich allerdings auch das BVA für nicht zuständig erklären, dann beginne ein "Rechtsstreit der Extraklasse".

Die Schadenersatzforderungen, die Österreich im Falle einer Nichtaustragung der gemeinsam mit der Schweiz geplanten EM drohen, könnten derzeit nur geschätzt werden. Experten gingen aber mindestens von einer Mrd. aus. Und diese Forderungen würden die Republik und damit die Steuerzahler treffen. (APA)