Noch klingt alles nach einer Verheißung, die zu schön wäre, um wahr zu werden. Aber traut man den Schlagzeilen der Wirtschaftsressorts verschiedenster Medien, sieht die Sache schon recht eindeutig aus: "Die Alten kehren zurück", "Ausweg aus dem Generationsmobbing" oder "Alte Erfahrung trifft junges Wissen" steht in fetten Lettern, die offenbar einer Entwicklung Rechnung tragen, die durch einen zwar schleichenden, aber unausweichlichen demografischen Umbruch nicht mehr aufzuhalten ist.

Denn gehörten bislang Angestellte mit spätestens 45 Jahren zum alten Eisen, arbeiten die sinkenden Geburtenzahlen bei gleichzeitig steigender Lebenserwartung gehörig daran, dass dieser Trend kippt - wie die Pensionssysteme im Übrigen auch. Zur Sorge um eine drohende Arbeitskräfteknappheit kommt die Tatsache, dass wir alle in Zukunft länger werden arbeiten müssen. Ab 2010 schon, rechnen Arbeitsmarktexperten vor, werden europaweit die 50-jährigen Erwerbstätigen massiv zunehmen und die "mittelalten" Erwerbstätigen, also die Gruppe, aus der sich derzeit die Kernbelegschaften formieren, stark abnehmen. Das heißt: Die Wirtschaft wird sich schon in allernächster Zukunft auf die Alten einstellen müssen.

Aber tut sie das? In Österreich noch nicht sehr ausgiebig. "Österreich hat EU-weit eine der niedrigsten Raten an Arbeitskräften im Alter zwischen 50 und 64 Jahren", weiß die Wifo-Arbeitsmarktexpertin Gudrun Biffl. Verantwortlich dafür sind die Babyboomer, die in den vergangenen Jahrzehnten auf den Arbeitsmarkt drängten und die österreichischen Personalchefs, die dafür die Generation der "50+" häufig in Frühpension schickten, um einerseits die Kosten für die Zufuhr von frischem Know-how auf die sozialen Absicherungssysteme abzuwälzen und andererseits die seit den 90er-Jahren rapide steigenden Arbeitslosenraten niedrig zu halten. Die Babyboomer tun heute gut daran, sich Zeit ihres Lebens auf den Jogging-Pfaden fit zu halten, denn sie sind die erste Generation, die man nicht in Frühpension schicken wird. Auch heute noch wird unterhalb der ersten Führungsebene nur ungern jemand über 40 Jahren eingestellt. Eine jugendzentrierte Haltung, die sich bald kaum jemand mehr leisten kann.

Ist die latente Diskriminierung der Alten tatsächlich vorbei? Deren Comeback beginnt eher zögerlich: Denn diese angesichts des grassierenden Jugendkults fast paradox anmutende Hinwendung zu den älteren Semestern ist ein Trend, dem die betroffenen Unternehmen - siehe oben - nicht ganz freiwillig folgen. "Unternehmen befassen sich mit den veränderten Arbeitsmarktbedingungen erst, wenn massive Probleme auftauchen", weiß Irene Kloimüller, 40 Jahre und Senior Consultant von health@work - eine Consultingfirma, die sich schwerpunktmäßig mit Strategien für das, wie es neudeutsch so schön heißt, "Agemanagement" beschäftigt. Vor zehn Jahren war das Wiener Unternehmen eines der ersten, die sich professionell mit dem wachsenden Altersberg beschäftigten, heute berät man Unternehmen wie die Voestalpine, die Nettingsdorfer Papierfabrik oder den Krankenanstaltenverbund - und gibt den lernwilligen Unternehmen Lektionen zum Thema Productive Ageing.

Was das heißt? Es bedeutet vor allem einen Wissens- und Erfahrungstransfer der Alten an die Jungen. Und mehr noch: nämlich, wie man dieses Wissen nutzbar macht, sprich weitergeben kann, ohne dass die Älteren das Gefühl haben, "abgesaugt zu werden", wie Kloimüller sagt. "Betriebe sollten für eine Generationenbalance, also altersgemischte Belegschaften sorgen und für Mitarbeiter eine Laufbahnplanung einrichten", gibt Kloimüller weitere Tipps, denn ältere Berufstätige bauen vor allem in ihrer Leistungsfähigkeit ab, wenn sie von ihren Unternehmen nicht mehr gefordert werden.

Dass berufliche Leistungen nicht unbedingt mit steigendem Alter schwinden müssen, beweisen mittlerweile einige europäische Pilotprojekte - mit Vorbildcharakter. So hat bereits vor drei Jahren die Deutsche Bank ihre erfahrenen Leute nicht einfach mit einem Golden Handshake verabschiedet, sondern setzt ihre Alten in einer eigens gegründeten Firma als Berater weiterhin ein. Auch die österreichische ADEG-Gruppe schrieb mit ihrer Einführung zweier "50+"-Supermärkte, die nur "50+"-Personal einstellen, eine kleine Erfolgsgeschichte. Kunden und Mitarbeiter sind gleichermaßen zufrieden. Und wie schon vorher erwähnt beschäftigt die Voestalpine seit 2002 acht Expertenteams, die sich mit dem Agemanagement des Konzerns beschäftigen. Sie kümmern sich um Weiterbildungsmaßnahmen, reduzieren die Nachtschichten für ältere Arbeiter, organisieren Wissenstransfer. Drei Unternehmen aus drei Branchen, die der Konkurrenz in einem Punkt voraus sind. Sie haben begriffen: Die Alten kommen wieder. (Der Standard, Printausgabe, ALBUM, 9./10. 04. 2005)