Wien - Mit dem Wort Sedisvakanz wird jene Zeit beschrieben, in der der Papststuhl leer steht. Eine reguläre Sedisvakanz - wie derzeit nach dem Tod von Johannes Paul II. - wird durch die Wahl eines neuen Papstes durch ein Konklave der Kardinäle beendet. Weniger bekannt ist hingegen, dass es auch Gruppen gibt, für die der Stuhl Petri - je nach Ausrichtung - bereits seit 1958 oder 1978 leer steht, oder für die nicht Johannes Paul II., sondern ein anderer der regierende Papst war oder ist.

Der moderne Sedisvakantismus entwickelte sich im Gefolge der Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils, insbesondere der Liturgiereform von 1969. Obwohl der Großteil der heutigen Anhänger der traditionellen Liturgie den Papst in Rom anerkennt - auch Gruppen, die ihm den Gehorsam versagen und die Reformen des Konzils verurteilen, wie die vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründete "Gesellschaft des Heiligen Pius X." (SSPX) - gibt es einige kleine Gruppierungen, die die Ansicht vertreten, das Papsttum in Rom habe sich vom "wahren katholischen Glauben abgespalten".

Die bekanntesten sedisvakantistischen Gruppierungen sind die "Gesellschaft des Heiligen Pius V." (SSPV), eine Abspaltung von SSPX, und die "Kongregation Mariens, der Unbefleckten Königin" (CMRI). Sie teilen mit vielen anderen Traditionalisten die Ablehnung der "Konzilskirche", die von manchen auch als "Novus-Ordo-Religion" (nach dem lateinischen Namen der reformierten Messliturgie, Novus Ordo Missae) bezeichnet wird. Für diese Sedisvakantisten war der verstorbene Johannes Paul II. deshalb kein legitimer Papst, weil er "vollkommen die Konzilskirche unterstützte". Für manche Anhänger der Sedisvakanz-These ist der Stuhl Petri gar seit 1958, der Wahl von Johannes XXIII. zum Papst, leer, da dieser ein "Häretiker" gewesen sei und sich damit "selbst exkommuniziert" habe.

Gleichzeitig gehen aber die meisten Sedisvakantisten nicht so weit, nach einem neuen, "wahren" Papst zu suchen. Dies bleibt noch kleineren Gruppen vorbehalten, die in den vergangenen Jahrzehnten nach unterschiedlichen Schätzungen rund 10-15 "Päpste" gewählt haben, von denen einige bereits verstorben sind. Einer dieser Gegenpäpste ist CMRI-Gründer Francis Schuckhardt, der später von der Organisation ausgeschlossen wurde und sich zum "Papst Hadrian (oder Adrian) VII." ausrief; andere sind der franko-kanadische Priester Gaston Tremblay, der sich Gregor XVII. nannte, oder der in Großbritannien residierende, 1994 "zum Papst gewählte" Victor von Pentz (Linus II.).

Gegenpapst Clemente Dominguez y Gomez

Der weltweit wohl bekannteste Gegenpapst war der im März dieses Jahres verstorbene Spanier Clemente Dominguez y Gomez, der - wie Tremblay - den Namen Gregor XVII. annahm. Er war der Anführer einer Sekte mit dem Namen palmarisch-katholische Kirche, die sich auf mehrere Marienerscheinungen im spanischen Ort Palmar de Troya beruft. Dominguez - kein eigentlicher Sedisvakantist - soll in einer Vision von Christus persönlich als Nachfolger von Paul VI. berufen worden sein, und erklärte sich daher nach dem Tod des Papstes 1978 zum neuen Pontifex. "Gregor XVII." wurde unter anderem für die "Heiligsprechung" des spanischen Diktators Francisco Franco und des Entdeckers Christoph Kolumbus bekannt, sowie für die "Exkommunikation" der spanischen Königsfamilie.

Die Anhängerschaft von anderen, meist in den USA und in Kanada ansässigen Gegenpäpsten ist noch viel kleiner. Der 1959 geborene ehemalige SSPX-Priesterseminarist David Bawden wurde im Jahr 1990 im US-Bundesstaat Kansas "zum Papst gewählt" und nennt sich heute "Papst Michael I." Auf seiner Internetseite ruft er die Medien auf, mit ihm Kontakt aufzunehmen, und gibt zudem äußerst bereitwillig Interviews.

Ein weiterer US-Gegenpapst ist der 1918 geborene Lucian Pulvermacher, ein ehemaliger Kapuzinerpater, der sich "Papst Pius XIII." nennt. Er soll 1998 in einer telefonischen Abstimmung seiner Anhänger gewählt worden sein. Der weiße Rauch zum Zeichen seiner Wahl stieg in einer Waldhütte im US-Bundesstaat Montana auf. Auf seiner Internetseite heißt es in melancholischem Ton: "Statt Hunderttausender jubelnder Gläubiger auf dem Vatikanplatz (sic) wurde der weiße Rauch nur von einer Handvoll Gläubiger gesehen - und von Gottes Geschöpfen im Wald." (APA)