Wien - Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Reiner Brettenthaler, fordert die Regierung auf, nicht erst die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) im anhängigen Verfahren über die österreichischen Uni-Zugangsregelungen für Studenten aus EU-Staaten abzuwarten, sondern noch vor dem Wintersemester durch geeignete gesetzliche Maßnahmen den Weg für professionelle Zulassungsverfahren zu öffnen. Konkret schlägt Brettenthaler am Dienstag in einer Aussendung die Einführung eines propädeutischen Jahres im Vorfeld des Medizinstudiums vor.

In dieser Orientierungsphase sollten sowohl Studenten als auch Universitäten anhand verschiedener Tests die Gelegenheit haben, die subjektive und objektive Eignung für das Studium zu prüfen. Generell sei eine quantitative Beschränkung der Studienplätze unumgänglich, da das moderne Medizinstudium mehr Wert auf praktische Übungen in Kleingruppen und Patientenkontakte lege als früher, so Brettenthaler.

Der Ärztekammer-Chef sieht die Qualität der Ausbildung an den Medizin-Unis schon jetzt durch Geldmangel und die jährlich steigende Zahl von Medizinanfängern gefährdet. "Es gibt daher keine andere Möglichkeit, die Qualität des Medizinstudiums sicher zu stellen, als die Zahl der Studenten an die personellen, organisatorischen und materiellen Gegebenheiten anzupassen", meinte Brettenthaler. Benötigt würde außerdem eine langfristige Ärzte-Bedarfsplanung, die durch ein unabhängiges Expertengremium erarbeitet werden solle. "Schon seit Jahren werden Tausende Ärzten zu viel ausgebildet", erklärte der ÖÄK-Chef.

Die Medizin-Universität Wien (MUW) hat bereits als "Notmaßnahme" geplant, im ersten Studienabschnitt die Zahl der Studienplätze für Praktika und Übungen auf 1.560 zu beschränken. Diese Beschränkung soll aber nur in Kraft treten, sollte es zu einem Studentenansturm nach dem erwarteten EuGH-Urteil kommen. Ab dem zweiten Studienabschnitt gibt es bereits jetzt in Wien, Graz und Innsbruck Studienplatzbeschränkungen.

Die Hochschülerschaft an der Medizin-Uni Wien forderte hingegen vom Bildungsministerium, das bevorstehende EuGH-Urteil nicht als Vorwand für Zugangsbeschränkungen zu verwenden. (APA)