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Simon möchte EDV-Techniker werden. Computer sind seine Leidenschaft, am alten Commodore seines Vaters hat er schon als 10-jähriger herumgewerkt. Nun sucht er nach einer geeigneten Lehrstelle, und das seit fünf Monaten. Die AMS-Beraterin mahnt zu Geduld und Optimismus, der durch die aktuellen Zahlen gebremst wird. In Wien stehen derzeit für 1328 Lehrstellensuchende 185 offene Lehrstellen zur Verfügung. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl der Jugendlichen ohne Lehrstellen um 32,9 Prozent. Die Lage am Arbeitsmarkt zeigt keinerlei Entspannung.

Betreuung, Beratung

Eine Istsituation, die an den Alltag von AMS und Jugendberatungszentren besondere Anforderung stellt. "Die Herausforderung in unserem Job ist, dass man in wenigen Beratungsterminen den jungen Leuten eine erste Richtungsentscheidung erleichtern muss", erläutert Erwin Tertsch vom der Beratungsstelle des WUK seine verantwortungsvolle Aufgabe. Zu diesem Zweck bietet auch das AMS kostenlose Berufsorientierungstest und erste Gruppencoachings. Doch auch junge Leute, die bereits konkrete Berufsvorstellungen haben, liegt die Arbeitswelt noch lange nicht zu Füßen. "Immer noch konzentrieren sich die Berufswünsche auf etwa 3 bis 4 Lehrberufe. Die Favoriten sind - kurz gesagt - bei den Burschen KFZ-Mechaniker und EDV-Techniker, bei den Mädchen Bürokauffrau oder Hairstylistin", so Tertsch. Zu besetzende Lehrstellen als KFZ-Mechaniker derzeit in Wien: zwei.

WUK-Projekte

Viele Lehrstellensuchende sehen sich also zu einer Umorientierung gezwungen, mit Unterstützung von Beratungsstellen haben sie die Qual der Wahl unter 270 Lehrberufen. Dramatisch ist die Situation vor allem für Jugendliche ohne abgeschlossene Pflichtschule oder mit sozialen Problemen. Hier gilt es zuallererst, das Bildungsdefizit wettzumachen. Das WUK bietet benachteiligten Jugendlichen aus Wien eine breite Palette an Ausbildungs- und Beratungsprojekten. Auf besonderes Interesse stoßen praxisnahe Projekte wie die WUK-Holzwerkstatt, die TischlerInnen einen qualifizierten Lehrabschluss bietet, oder das WUK-Jugendprojekt, das in den Sparten Malerei, Tischlerei und Maurerei praktische Arbeitserprobung in Firmen ermöglicht.

Praxis in der Wirtschaft

Dass die Zusammenarbeit mit Firmen nicht nur für das Selbstbewusstsein junger Arbeitsloser sondern auch für den Lebenslauf ein wichtiger Aspekt ist, weiß auch AMS-Jugendberaterin Dunya Subhieh. Sie arbeitet nicht nur mit dem WUK zusammen, sondern kann ihren jugendlichen Klientinnen auch Praktika in diversen Firmen vermitteln. "Es ist unheimlich wichtig, dass die jungen Leute motiviert werden, ihr Tagesablauf strukturiert ist und sie so die Wartezeit auf einen Lehrberuf sinnvoll überbrücken können", betont die AMS-Beraterin. Dem stimmt WUK-Berater Erwin Tertsch zu, lässt aber keinen Zweifel daran, dass die Situation alles andere als rosig ist: "Schlechte Wirtschaftslage hin oder her - die Politik ist hier gefordert. Bisher sehe ich keine Bereitschaft, für das Lehrstellendilemma eine Lösung zu finden. Es darf einfach nicht sein, dass man die Probleme aussitzt und auf geburtenschwächere Jahrgänge wartet." (mhe)