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Wahlsieger Mehmet Ali Talat.

Foto: APA/EPA/
Nikosia - Mit der Wahl ihres EU-freundlichen Regierungschefs Mehmet Ali Talat zum neuen Präsidenten haben die türkischen Zyprioten am Sonntag offenbar die Weichen in Richtung Wiedervereinigung gestellt. Nach fast 30 Jahren unter Führung des nationalistischen Volksgruppenführers Rauf Denktas stehen die Zeichen nun auf Annäherung an den griechischen Süden der geteilten Mittelmeerinsel.

"Die türkischen Zyprioten mögen die Teilung nicht", sagte Talat nach seinem Wahlsieg. "Ich bekräftige erneut, dass die türkischen Zyprioten die Wiedervereinigung und EU-Mitgliedschaft fordern." Er reiche den griechischen Zyprioten die Hand zum Frieden.

Talat erreichte 55,6 Prozent. Auf Grund dieser absoluten Mehrheit wird es zu keiner Stichwahl kommen. Talats nationalistischer Rivale Dervis Eroglu, der von Denktas unterstützt wurde, kam nur auf 22,7 Prozent. Denktas trat bei der Wahl am Sonntag nicht mehr an.

Zypriotische Regierung begrüßt Ergebnis

Die zypriotische Regierung hat am Montag den Machtwechsel im türkischen Norden der geteilten Mittelmeerinsel begrüßt. "Das Ende der Anwesenheit von Rauf Denktas an der Spitze der türkisch-zypriotischen Volksgruppenführung ist eine besonders positive Entwicklung", erklärte der (griechisch-)zypriotische Regierunssprecher Kypros Chrysostomides im staatlichen Rundfunk.

Mit Talats Wahl ging die Ära Denktas nach vier Jahrzehnten zu Ende. Talat ist ein Gegner der von Denktas forcierten "Zwei-Staaten"-Lösung und setzt sich für die Wiedervereinigung der seit 1974 geteilten Insel ein. Der zypriotische Regierungssprecher sagte, die Regierung in Nikosia hoffe, dass die Türkei und die neue türkisch-zypriotische Führung sich nun für die Schaffung der "geeigneten Bedingungen" einsetzen würden, damit ein neuer Dialog der beiden Volksgruppen unter der Führung von UNO-Generalsekretär Kofi Annan beginnen könne.

Wiedervereinigungsplan abgelehnt

Der von Annan vorgelegte Wiedervereinigungsplan war im Vorjahr von den griechischen Zyprioten in einem Referendum abgelehnt worden, weil er der überwiegenden Mehrheit der nach der türkischen Invasion 1974 aus dem Norden der Insel vertriebenen 200.000 griechischen Zyprioten und deren Nachkommen die Rückkehr in ihre Heimatorte verwehrte, aber vorsah, dass ein großer Teil der von der Türkei angesiedelten 110.000 Festlandtürken und der türkischen Truppen auf der Insel bleiben kann. Der Annan-Plan hat einen Bundesstaat aus zwei weitgehend eigenständigen ethnischen Kantonen zum Ziel (wobei der türkische etwas kleiner wäre als gegenwärtig die "KKTC"). Die türkischen Zyprioten hatten dem UNO-Plan mehrheitlich zugestimmt.

Völkerrechtlich ist die gesamte Insel seit 1. Mai 2004 EU-Mitglied, doch findet das Regelwerk der Union im Norden derzeit keine Anwendung; durch ihre Militärpräsenz (zwischen 30.000 und 35.000 Mann) ist die Türkei quasi Besatzungsmacht in einem EU-Mitgliedsland. (APA/AP)