Wien - Auf die Suche nach Strategien nach der voraussichtlichen Aufhebung der Zugangsbeschränkungen für Studenten mit Matura-Zeugnissen aus anderen EU-Staaten an österreichischen Unis durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH)begab sich die Rektorenkonferenz (ÖRK) bei einer Tagung am Montag Nachmittag in Wien. Für die meisten Diskussionen sorgte dabei ein Vorschlag des ehemaligen ÖRK-Chefs Christian Brünner, der kurzfristig nur EU-Ausländer, die ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt in Österreich haben, wie Österreicher zum Studium zulassen will. Damit solle Zeit gewonnen werden, um ein "vernünftiges Zugangsmodell auszuarbeiten" - auch wenn man damit Gefahr laufe, dass diese Regelung erneut aufgehoben würde.

Fachhochschulen als Vorbild

Als Vorbild für ein neues Zugangsmodell sah Brünner die Fachhochschulen in Österreich. Gleichzeitig sprach er sich gegen eine selektive Eingangsphase aus - diese berge die Gefahr, dass sich plötzlich alle Studenten als geeignet erweisen würden. So vermische man Kompetenz- und Kapazitätskriterien. Stattdessen plädiert er für eine Studienplatzbeschränkung mit einem Aufnahmeverfahren. Dafür heranziehen könne man zunächst einen Mix aus Durchschnittsnoten aus dem Maturazeugnis, ein Aufnahmegespräch und einen Test. Zunächst müsse dafür aber natürlich auch die Matura standardisiert werden.

Für dieses System sei eine "gesetzliche Fundierung" nötig, dafür dürften nicht allein die Unis verantwortlich sein, so Brünner. Ein "überuniversitäres" Organ müsse festlegen, wie die Anzahl der Studienplätze berechnet werde und wie das Aufnahmeverfahren aussehen solle. Als Begleitmaßnahme wäre unter anderem eine bestimmte Platzquote für Studenten aus einem "unterprivilegierten Herkunftsmilieu" unabdingbar.

Gegen den Brünner-Vorschlag des Abstellens auf den wirtschaftlichen Schwerpunkt sprachen sich der Hochschul-Sektionschef im Bildungsministerium, Sigurd Höllinger, und die Verfassungsrechtlicherin Gabriele Kucsko-Stadlmayer (Uni Wien) aus. Damit würde man sehenden Auges in die nächste Aufhebung durch den EuGH laufen.

Kaum Handlungsspielraum für Universitäten

Kucsko-Stadlmayer sah die juristische Problematik des Hochschulzugangs in Österreich nicht zuletzt darin, dass den Unis selbst trotz Vollautonomie auf diesem Gebiet kaum Gestaltungsmöglichkeiten zukämen. Rechtlich verboten seien Studienplatzbeschränkung, der Erlass neuer Studienvoraussetzungen (z.B. Aufnahmsprüfung), eine der Selektion dienende Eingangsphase und nicht nur auf einzelne Lehrveranstaltungen bezogene Platzbeschränkungen - obwohl dies von einigen Universitäten wie den Medizin-Unis praktisch so gehandhabt werde.

Zugang schon jetzt "nicht komplett frei"

Andererseits sei der Zugang zu den österreichischen Unis auch nicht komplett frei, so Kucsko-Stadlmayer: So gebe es Eignungsprüfungen in künstlerischen und für Sportstudien. Für bestimmte Studienrichtungen wie Jus und Medizin seien Zusatzprüfungen (Latein) nötig, und auch die Kontingentierung von Plätzen für Nicht-EU-Ausländer wäre möglich. Sie plädierte für eine grundsätzliche Beibehaltung des allgemeinen Zugangs, allerdings müsse den Unis mehr Spielraum für Zugangsvoraussetzungen gegeben werden.

Das Verfahren vor dem EuGH bildete den Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion der Wissenschaftssprecher der Parlamentsparteien. SPÖ-Vertreter Josef Broukal warf der Regierung vor, ihre Position erst sehr spät dargelegt zu haben. Nun gelte es, bisher fehlendes EU-Gemeinschaftsrecht zum Thema Studieren zu schaffen. Hier müssten Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) endlich Initiativen setzen. VP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek wies dies zurück. Man habe sehr wohl rechtzeitig reagiert. Mit der derzeitigen Beschränkung für Studenten mit ausländischem Maturazeugnis habe man seit dem EU-Beitritt Zeit gewonnen: Die österreichischen Studenten hätten sich zehn Jahre lang nicht der Konkurrenz anderer EU-Bürger aussetzen müssen. Die Abgeordnete des freiheitlichen Parlamentsklubs, Magda Bleckmann, konnte sich wiederum für den Broukal-Vorschlag erwärmen, jedes Land für Studenten, die in einem anderen EU-Staat studieren, zahlen zu lassen. (APA)