Meist ist in den Medien immer nur von Zwangsarbeitern die Rede, denen Österreich nun eine Entschädigung zahlen will. Doch knapp die Hälfte aller überlebenden Zwangsarbeiter sind Frauen. Das zeigt ein Blick in die Unterlagen der Historikerkommission. Historiker Mark Spoerer schätzt, dass rund 200.000 Zivilarbeiter, die in der Kriegszeit in Österreich zum Arbeitsdienst eingesetzt worden waren, heute noch leben. Davon sind 96.000 Frauen.Auch Italienerinnen betroffen Die meisten überlebenden Zwangsarbeiterinnen kommen aus der Ukraine (30.000), viele aus Russland (17.000), Polen (13.000) und Weißrussland (7.000). Die Frauen, die jetzt wenigstens auf eine kleine Abgeltung hoffen können, kommen aber auch aus der Slowakei (5.000), aus Tschechien (5000) und Ex-Jugoslawien (4000). Interessanterweise finden sich aber auch 4000 Italienerinnen, 2000 Französinnen und 1300 Griechinnen. Die restlichen Zwangsarbeiterinnen sind in Spanierinnen, Holländerinnen, Belgierinnen, Bulgarinnen, Ungarinnen, Rumäninnen oder kommen aus dem Baltikum.. Ob diese Schätzungen der Historiker stimmen, muss sich erst weisen. Die Regierungsbeauftragte Maria Schaumayer hofft, dass die Opferverbände bis Mitte Mai eine genaue Liste der Betroffenen vorlegen werden. Aufgrund der bisherigen Nominierungen der Opferverbände geht Schaumayer von 150.000 Überlebenden insgesamt aus, also von weniger Menschen als die Historiker. Frauenanteil gestiegen Nur ein Viertel aller in Österreich eingesetzten ZwangsarbeiterInnen haben bis heute überlebt. Am Ende der Nazi-Herrschaft gab es laut Historiker-Angaben 750.000 ZwangsarbeiterInnen in Österreich, die das Regime überlebt hatten. Knapp ein Drittel (215.000) davon waren Frauen. Dass der Frauenanteil inzwischen auf fast die Hälfte gestiegen ist, hängt mit der generell höheren Lebenserwartung von Frauen zusammen. Die ZwangsarbeiterInnen wurden nach rassistischen Erwägungen eingesetzt, schreiben die Historiker: für schwere körperliche Arbeit, gut kontrollierbar und unabhängig von ihrer Ausbildung. Auch die typische Geschlechterzuschreibung schlug durch: So schufteten in der Land- und Forstwirtschaft fast gleichviel Frauen als Männer , in „Niederdonau“ waren die Frauen mit einem 62-Prozentanteil sogar in der Mehrheit. In der Industrie kamen dagegen mehr Männer als Frauenzum Einsatz. Für Haushaltsdienste wurden ausschließlich Frauen herangezogen. Staat und die Wirtschaft sollen sich die Kosten teilen Noch heuer sollen der erste Sckeck an die ehemaligen NS-ZwangsarbeiterInnen ausgestellt werden. Es soll drei verschiedene Kategorien geben: Industriearbeit, Sklavenarbeit und Landwirtschaft. Die landwirtschaftlichen ZwangsarbeiterInnen sollen weniger als 35.000 Schilling erhalten, weil ihre Lebensbedingungen besser gewesen seien als jene in der Industrie. Was das insgesamt kostet, steht nicht fest. Die Schätzungen reichen von 6 bis 9 Milliarden Schilling. Der Staat und die Wirtschaft sollen sich die Kosten teilen. In welchem Verhältnis, läßt Regierungsbeauftragte Schaumayer noch offen. Die Industrie hat bereits angekündigt, nicht für die anderen zahlen zu wollen. Auch die Landwirtschaftskammer weigert sich, zu zahlen. (Lydia Ninz)