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Helmut Schüller ist Ombudsmann für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Erzdiözese Wien, Universitätsseelsorger, Pfarrer von St. Stephan in Probstdorf, von 1991 bis 1995 war er Caritas-Präsident, von 1995 bis 1999 Generalvikar der Erzdiözese Wien.

foto: reuters/halada
derStandard.at: Was halten Sie von der Wahl Ratzingers zum neuen Papst?

Schüller: Die Wahl hat mich in ihrer Schnelligkeit überrascht, weil das darauf hindeutet, dass es keinerlei oder kaum Diskussion gegegeben haben kann. Wenn nach nicht einmal ganz einem Tag diese Entscheidung in dieser Mehrheit fällt. Die Kardinäle müssen schließlich mit mindestens zwei Drittel dem zugestimmt haben, was Ratzinger in seiner Predigt schon im Vorfeld vorgegeben hat. Ich hätte doch gedacht, dass das Meinungsspektrum breiter ist.

Offensichtlich hat man auf absolute Kontinuität gesetzt. Offensichtlich hat sich, wenn es ein alternatives Lager gegeben hat, dieses nicht ausreichend organisiert, sodass schon von Anfang an so etwas wie vollendete Tatsachen da standen, die dann von den meisten akzeptiert wurden.

derStandard.at: Ratzinger wurde schon im Vorfeld als Favorit gehandelt, sie waren dennoch überrascht?

Schüller: Ja. Zumindest teilweise, weil von den Medien schon im Voraus viel in diese Richtung berichtet wurde. Es gab ja schon vor der Wahl viele Spekulationen, dass Ratzinger einen Großteil der Stimmen bereits hinter sich wüsste, die trotz Mitteilungsverbot merkwürdigerweise an die Öffentlichkeit gedrungen sind. Das heißt, es ist ja schon vorher in den Bereich des Möglichen gerückt. Aber, dass es in dieser Schnelligkeit kommt, überrascht doch noch einmal eigens.

derStandard.at: Was erwarten Sie sich von Benedikt XVI.?

Schüller: Es kommt jetzt darauf an, ob er bei dem bleibt, was er bis kurz vor dem Konklave ziemlich scharf und klar angekündigt hat. Zu erwarten ist wahrscheinlich die Fortsetzung des von ihm wesentlich und immer wesentlicher geprägten Stils seines Vorgängers. Ich denke nicht, dass er jetzt etwas Anderes tut, als das, wofür er gewählt worden ist.

Wir müssen uns darauf einstellen, dass es Kontinuität und Diskussion in der Kirche geben wird. Möglicherweise eine verschärfte, zugespitzte Diskussion. Abzusehen ist, dass es im Sinne der Kontinuität und des Abgrenzens vom sogenannten Zeitgeist abläuft.

Innerkirchlich heißt das, dass Themen wie Weihamt für Verheiratete, Frauen in der Kirche, Frauen im Weihamt, Umgang mit Ehesituationen bzw. Ehescheidung etc. bis zum Umgang mit anderen Religionen verstärkt zur Debatte stehen werden.

Sicher muss man jetzt einmal abwarten, was seine ersten Entscheidungen und Ernennungen bringen. Dann wird man sehen.

derStandard.at: Was erhoffen Sie sich selbst vom neuen Papst?

Schüller: Eine möglichst rasche Offenlegung dessen, was er wirklich will. Es hilft glaube ich nichts, wenn wir hier beruhigt werden sollten. Ich würde mir Transparenz wünschen. Und dass er in der Kirche jene Offenheit zulässt, die wir brauchen, um einige Dinge durchzudiskutieren und vielleicht auch neue Wege auszuprobieren. (rasch)