Ein belegtes Brot, Kartoffelkäse, den die Mutter extra gemacht hat, und Leitungswasser war das Festmahl, mit dem Rudolf Haunschmid am 9. Mai 1945 seine Heimkehr nach Linz gefeiert hat. Und dann erzählte der 23-jährige Spenglergeselle "was war".

Viel war. Zu viel für einen Jungen, der in das System der Nazis hineingezogen wurde - und davonlief. Auf die richtige Seite, ist er überzeugt. Der antifaschistische Widerstandskämpfer und langjährige kommunistische Gewerkschafter und Politiker ist über den "Kameradenmörder"-Sager von BZÖ-Bundesrat Siegfried Kampl "empört". Dessen Behauptung, 99 Prozent seien Nazis gewesen, ist für den Ehrenobmann des KZ-Verbandes Oberösterreich "eine Beleidigung des österreichischen Volkes".

Haunschmid geriet als 20-Jähriger in die Fänge der Gestapo. Er hatte Flugblätter gegen Hitler verteilt, Kriegsgefangenen zur Flucht verholfen: "Die haben uns derbarmt." Delikt "Wehrkraftzersetzung". Drei Wochen wurde der "Volksschädling" gequält. Alle drei Stunden Verhör. Schreie. "Was machst? Wer hat es dir angeschafft?" Misshandlungen. So brutal, dass Haunschmid noch heute in der Nacht hochschreckt: "Unvorstellbare Gewalt." Ein Arzt habe ihm gesagt: "Das müssen's vergessen." Vergessen geht nicht, antwortete er.

Er wurde zu einem Jahr Kerker im deutschen Dieburg verurteilt. Danach befand Hitler ihn plötzlich für "wehrwürdig". Im Herbst 1942 landete der zwangsverpflichtete Oberösterreicher mit dem berüchtigten Strafbataillon 999 in Tunesien. Seine Uniform hatte eine weiße Kordel, die hatten nur "die Politischen". Gelb waren "die Kriminellen". Er und seine Freunde Franz und Walter sagten sich: "Da müssen wir durch. Wir müssen wieder nach Hause." Eines morgens wachten die drei in der Wüste auf, die Chefs waren weg. Mit einer weißen Fahne ergaben sie sich den Franzosen. Kriegsgefangenschaft. "Auch ein Martyrium."

Eisenbahnbau unter glühender Sonne. "Eine Scheibe Schwarzbrot am Tag und Rübensuppe, Rübensuppe, Rübensuppe." Ausbruchsversuch. In einem Araberdorf bekommen sie Couscous. Und werden erwischt. Das französische Militär bietet ihnen an, überzulaufen und den Nachschub aus Marseille zu organisieren. Sie sagen Ja. Ein Offizier, den er zu einem Fest chauffiert, sagt - oder "steckt" ihm, glaubt Haunschmid -, morgen gehe es nach Indochina. "Wir hauen ab." Einen Tag später kommen die drei in Linz an: "Wir wurden wie Aussätzige behandelt." (DER STANDARD, Print, 22.4.2005)