WEBSTANDARD- SPECIAL zum Microsoft-Prozess

KOMMENTAR
Spielregeln für Bill Gates
Das Microsoft-Urteil zeigt, dass auch die mächtigsten Konzerne nicht alles dürfen. Von Eric Frey.

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Washington - Dem amerikanischen Software-Giganten Microsoft drohen nach einer Niederlage in einem Kartellrechtsverfahren massive Konsequenzen bis hin zur Zerschlagung des Konzerns. Der Microsoft-Gründer Bill Gates kündigte nach der Entscheidung des US-Bezirksrichters Thomas Penfield Jackson vom Montag umgehend Berufung an, was die endgültige Klärung des Falles um Jahre verzögern kann. Die EU kündigte an, das Microsoft-Urteil zu prüfen.

Aktiensturz

Das Urteil wurde in Washington nach dem Börsenschluss in den USA verkündet; die Microsoft-Aktie war zuvor schon um 15 Dollar auf 90,87 Dollar abgestürzt; der Marktwert des Unternehmens wurde damit um 80 Mrd. Dollar (84 Mrd. EURO/1155 Mrd. S) gemindert. Am Dienstagnachmittag notierte die Microsoft-Aktie nahezu unverändert mit 90,5 Dollar. Zu Handelsbeginn wurden mehr als 9000 Microsoft-Aktien umgesetzt.

Jackson ging hart mit der Vorgehensweise Microsofts im umkämpften Browser-Markt - dem Zugang für PC-Nutzer zum Internet - ins Gericht: "Microsoft hat den Daumen der Unterdrückung auf der Waage des Wettbewerbs mitgewogen und hat damit wirkungsvoll seine beherrschende Stellung garantiert." Gates hielt dagegen: "Diese Entscheidung stellt eine Realität auf den Kopf, die die Verbraucher kennen: Dass unsere Software PCs zugänglicher und erschwinglicher für Millionen von Amerikanern gemacht hat."

Jackson gab weitgehend, aber nicht in allen Punkten, der Klage der US-Regierung und 19 Einzelstaaten statt. Er befand, dass Microsoft gegen das Sherman-Antitrust-Gesetz verstoßen, seine Monopolstellung zum Schaden der Konkurrenz und der Verbraucher missbraucht und versucht habe, den Markt für Internetprogramme unter seine Kontrolle zu bekommen.

Exklusivverträge

Auch habe Microsoft widerrechtlich seinen Browser mit dem Betriebssystem verbunden. Die Exklusivverträge mit anderen Unternehmen zur Vermarktung der Software seien aber nicht illegal gewesen. Vor allem der Bezug Jacksons auf das Sherman-Gesetz lässt nun viel Platz für Spekulationen über die möglichen Konsequenzen. Auf der Grundlage dieses Gesetzes waren schon die Konzerne Standard Oil und AT & T zerschlagen worden. Richter Jackson ordnete eine neue Runde von Anhörungen an, auf denen die Strafe gegen Microsoft ermittelt werden soll. Microsoft hat bereits deutlich gemacht, dass es keine Lösung akzeptieren wird, die eine Aufteilung des Konzerns in verschiedene Zweige wie PC-Betriebssysteme und Büroanwendungen zur Folge hat.

Eine außergerichtliche Einigung ist aber weiter möglich. Wie der Kartellrechtsbeauftragte im Justizministerium, Joel Klein, sagte, müsse sich diese aber an dem jetzt gefällten Urteil orientieren. Und auch Microsoft-Chef Steve Ballmer betonte, sein Unternehmen sei weiter offen für Verhandlungen, er erwarte diese Offenheit aber auch von der Regierung. (AP)