In wessen Hände ist der Staat gefallen?", fragte die Tageszeitung La Repubblica am Sonntag entmutigt. Ein Blick auf die von Silvio Berlusconi als "Kabinett des Neubeginns" vorgestellte neue Regierung ließ selbst bei keineswegs oppositionell gesinnten Italienern Ernüchterung aufkommen. Unter den 27 Mitgliedern des neuen Kabinetts befinden sich nur zwei Frauen. Was vorherrscht, sind altbekannte Gesichter.

Die am Wochenende vereidigte Regierung ist Ergebnis eines Sesselrückens innerhalb des Rechtsbündnisses, das vor allem Gescheiterte belohnt: Der vor zwei Wochen abgewählte Präsident der Region Latium wird für seine Niederlage mit dem Gesundheitsministerium belohnt. Der als EU-Kommissar gescheiterte Christdemokrat Rocco Buttiglione erhält als Trostpflaster das Kulturministerium. Der auf Druck der Nationalen Allianz im Vorjahr entmachtete Wirtschaftsminister Giulio Tremonti kehrt als Vizepremier in die Regierung zurück. Der nach einer abschätzigen Äußerung über den von den Roten Brigaden ermordeten Arbeitsrechtler Marco Biagi 2002 zurückgetretene Innenminister und Uralt-Christdemokrat Claudio Scajola wird ins Industrieministerium geholt.

Seine Regierung, verkündete Berlusconi, gehe mit "neuem Schwung" an die Arbeit. Keiner verkörpert diesen Elan so "symbolkräftig" wie Giorgio La Malfa, der das Europa-Ressort übernimmt. Der farblose Finanzexperte, der die einst lebhafte republikanische Partei in die politische Bedeutungslosigkeit führte, sitzt seit fast 35 Jahren im Parlament. Vielen Italienern, die auf die Einhaltung von Berlusconis Versprechen warten, mag es angesichts solcher Neuerungen ein kleiner Trost sein, dass es in ihrem Land ein anderswo unvorstellbares Ministerium gibt: jenes zur Verwirklichung des Regierungsprogramms. Das führt der vom Vize- zum Minister aufgerückte Stefano Caldoro - von der Zwei-Prozent-Partei der Neuen Sozialisten. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25. April 2005)