San Francisco - Das Urteil im Microsoft-Kartellrechtsprozess hat ein gemischtes Echo bei den Software- und Computerfirmen Amerikas gefunden. Während bekannte Kritiker des Konzerns wie der Chef von Sun Microsystems Inc, Scott McNealy, das Urteil begrüßten und eine Zerschlagung des Konzerns als Konsequenz forderten, hielten sich Vertreter anderer Großunternehmen wie IBM oder der weltgrößte Chip-Hersteller Intel Corp. mit einer öffentlichen Bewertung der richterlichen Entscheidung zurück. Illegal verhalten Das Urteil vom Montag bestätige nur, was jeder weltweit bereits wisse, erklärte McNealy von Sun Microsystems, einem gewaltigen Konzern, der Netzwerk-Rechner produziert und mit Microsoft in harter Konkurrenz steht. "Microsoft ist ein Monopol-Unternehmen, das sich illegal verhalten hat." Die gerechte Lösung, erklärte McNealy, wäre eine Zerschlagung von Microsoft in drei separate Unternehmensteile. Ähnlich äußerte sich Dan Cooperman, Justiziar des auf Datenbank-Software spezialisierten Unternehmens Oracle Corp. Um Marktchancen betrogen "Wir fühlen uns durch das Urteil gerächt", erklärte bitter James Barkdale von Netscape, dessen Internet-Browser ein zentrales Element im Streit mit Microsoft gewesen war. Netscape, das inzwischen dem Internet-Dienstleister AOL gehört, fühlte sich nach eigener Darstellung von Microsoft um Marktchancen betrogen, weil Microsoft seine eigene Browser- Entwicklung, den Internet Explorer, so in seine Betriebssysteme eingebunden habe, dass eine sichere und störungsfreie Entfernung zu Gunsten eines anderen Browsers nur unter Schwierigkeiten möglich sei. Ein Sprecher von Intel, einem langjährigen Partner von Microsoft, erklärte, man sei "neutral" im Streit zwischen dem Redmonder Software-Haus und der US-Regierung. Kommentare zum Urteil lehnte der Konzern IBM, von dem Microsoft seinerzeit die Lizenz für sein DOS-Betriebssystem bezog, ebenso ab, wie das IT-Unternehmen Cisco Systems Inc. Nach Ansicht von Barksdale wie auch anderen Vertretern vor allem kleinerer Softwarefirmen dürfte eine Folge des Microsoft-Urteils sein, dass der Wettbewerb in der boomenden Software- und IT-Branche noch mehr Auftrieb bekommt. Andere machten bereits einen neuen Riesen als "Feindbild" aus: "Nicht mehr Microsoft, AOL ist jetzt der neue Gorilla in der Stadt", sagte George Zachary von Mohr Davidov, Menlo Park, Kalifornien. Andere Experten meinten, durch den monatelangen Streit sei Microsoft gewissermaßen in Schach gehalten worden. Sobald der Fall endgültig entschieden sei, werde das Unternehmen wieder auf seine alte Aggressivität zurück kommen. (Reuters)