Herta-Maria Kubinzky, heute einiges über 80, bekennt: "Ich bin eine rechtsgerichtete Monarchistin. Wir waren rechte Gegner." Ihr Mann, Rudolf Ritter von Kubinzky, tschechischer Großgrundbesitzer, war nach der Verhaftung durch die Nazis nicht mehr nach Hause zurückgekehrt. Vater und Onkel starben ebenfalls im KZ.
Herta-Maria Kubinsky war die Kriegsjahre über auf sich allein gestellt. Ihr Überlebensticket: die Wander-Personalkarte, mit der sie in Österreich herumfährt. Ständig auf der Flucht, fünf Jahre lang.
Frau Kubinzky ist eine jener 17 "Visionäre" (von Frank Stronach, Hannes Androsch bis Arnold Schwarzenegger), die der Videokünstler Richard Kriesche für die steirische Landesausstellung 2005 in Bad Aussee "Narren und Visionäre" porträtierte.
Kriesche lenkt in seinen Kunst-Video-Clips die Beleuchtung auch auf die bisher eher unterbelichtete braune Geschichte des Ausseerlandes, diesen außergewöhnlichen Flecken Österreichs, der Generationen von Malern, Schriftstellern, Komponisten und Wissenschaftern von Arthur Schnitzler, Friedrich Torberg, Stefan Zweig, Hermann Bahr, Jakob Wassermann, Oskar Kokoschka, Sigmund Freud, Richard Strauss, der hier über den Rosenkavalier nachdachte, bis Karl Popper inspirierend anzog - wie aber auch die gesamte Führung des Nazi-Deutschlands, die sich dort ab 1938 einnistete, Villen und Blockhäuser besetzte und gegen Kriegsende in den Salzstollen und Seen einen Großteil des NS-Schatzes samt der Privatsammlung Adolf Hitlers zu verstecken suchte. Im Depot Altaussee einem Salzbergwerk aus dem 14. Jahrhundert, wurden bei Kriegsende mehr als 6700 Gemälde Alter Meister geborgen, zudem Zeichnungen, Grafiken, Gobelins und Skulpturen und jede Menge an Kunstmobiliar.
Allein mit dem Kleinkind im Auto, verschlug es auch Herta-Maria Kubinzky ins Ausseerland. Immer mit dabei: Das Sandeimerl von Sohn Karl Albrecht - heute angesehener Grazer Soziologe und Historiker - mit einem Revolver. Zugedeckt mit nassen Windeln. "Da wollte dann eh keiner hineingreifen." Sie lebte dort inmitten der NS-Prominenz. Schon seit den 30er-Jahren war die Familie jedes Jahr dort, auch im Bürgerkrieg. "Dieser Jasmingeruch in der Aufbahrungshalle ..." Sie habe ihn noch heute in der Nase.
Auch nach dem Krieg blieb das an sich rote Ausseerland, bis hinunter ins Ennstal, wo die ÖVP über den "Ennstaler Kreis" NS-Dichter wieder ins Kulturleben schleuste, ein Rückzugsgebiet alter und junger Nationalsozialisten.
Das Land Steiermark hatte wenig dagegen. Im Gegenteil. Hier war man schon kurz nach 1945 ohnehin auf eine radikale "Versöhnungspolitik" eingeschwenkt. 1949 schickte die ÖVP über ihren "Amnestieausschuss" ein Rundschreiben aus: "... Wir wollen endlich den inneren Frieden ... Es hat niemand das Recht, deshalb, weil er im KZ gesessen, nun mit seinen Ansichten und seiner Lebensanschauung autoritärer zu sein als der ärgste Diktator und mit seinem kleinlichen Rachegefühl und engem Egoismus jede Versöhnung und damit jeden Aufbau zu sabotieren ..."