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Vizekanzler Hubert Gorbach (re., mit BK Schüssel) sieht im neuen Gesellschaftsrecht eine "Stärkung des Vertrauens in den Kapitalmarkt".

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Wien - Im Ministerrat wurde am Dienstag das Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz (GesRÄG) abgesegnet. Vizekanzler Hubert Gorbach (B) sieht darin eine "Stärkung des Vertrauens in den Kapitalmarkt" und mehr Schutz und Sicherheit für die Anleger. Österreich bekomme damit ein "modernes, neues Gesellschaftsrecht", etwa bei der Belastung der Aufsichtsräte passe man sich internationalen Standards an. Der Hauptversammlung oder Aktionären würden erweiterte Rechte eingeräumt, Minderheitenrechte würden gestärkt, so Gorbach. Justizministerin Karin Miklautsch (B), in deren Ressort das Gesetz erarbeitet wurde, sei ein "guter Griff" gelungen.

Mit der Gesetzesnovelle soll Anlegern und Miteigentümern von kleinen Firmen bis hin zu großen Konzernen mehr Sicherheit für ihre Geldanlage geboten werden. Anlass dafür waren Aufsehen erregende Firmenskandale in den vergangenen Jahre wie etwa Enron, Worldcom oder Parmalat. Ziel der Gesetzesnovelle sei es, Bürgern, Teilhabern und Anlegern von Firmen mehr Vertrauen in die Arbeit von Vorständen und Aufsichtsräten zu geben, hatte es wiederholt aus dem Justizministerium geheißen.

AK: "Zahn- und mutlos"

Die Arbeiterkammer (AK) kritisiert die heute beschlossene Regierungsvorlage indes als "zahnlos und mutlos". Ministerin Miklautsch habe "ganz offensichtlich dem massiven Druck aus der Wirtschaft nachgegeben". Das Ergebnis sei "ein Gesetz, das überhaupt nicht dazu taugt, das Vertrauen in die Wirtschaft zu stärken und Management und Aufsichtsräte für ihr Tun und Handeln zur Verantwortung ziehen zu können", so die AK. Jede Regel hätte gleich ihre Ausnahme angehängt und die Haftungsfrage sei überhaupt unbefriedigend gelöst.

So seien Überkreuzverflechtungen weiter möglich. "Das heißt: Ab einer Beteiligung von 20 Prozent kann ein Aufsichtsrat einer Muttergesellschaft im Vorstand der Tochter sitzen - sich also selbst kontrollieren", erklärte die AK. Und: Nach wie vor seien bis zu 20 Mandate in Aufsichtsräten möglich. Zudem könnten Wirtschaftsprüfer für kleine und mittlere Unternehmen nach wie vor als Steuerberater tätig werden. "Die Haftung der Wirtschaftsprüfer wurde nicht erhöht und die bereits gesetzlich verankerte externe Rotation wurde aufgeweicht", sieht die AK weitere Defizite.

Industrie erfreut

Grundsätzlich positiv äußert sich hingegen die Industrie. "Die mit dem Justizministerium erzielten Verhandlungsergebnisse stellen eine tragbare Kompromisslösung dar. Die ärgsten Giftzähne des Begutachtungsentwurfs wurden im Sinne des österreichischen Kapitalmarktes gezogen", wird der Chef der Industriellenvereinigung (IV), Veit Sorger, in einer Aussendung zitiert. Die Regierung habe "Augenmaß bewiesen und gezeigt, dass es ihr mit der weiteren Attraktivierung des Börseplatzes Wien ernst ist". Ebenso werde das vorrangige Ziel des Gesetzes - eine Verschärfung der Kontrolle börsenotierter Gesellschaften im Interesse der "Stakeholder" - erreicht.

Zu begrüßen, so Sorger, sei der Übergang von der so genannten externen Rotation des Abschlussprüfers zur internen Rotation. "In der Praxis bedeutet dies, dass von Zeit zu Zeit der verantwortliche Prüfungsleiter wechseln muss, nicht aber die Prüfungsgesellschaft selbst." Sorger: "Ein periodischer Wechsel wäre für international tätige Unternehmen mit enormem Verwaltungsmehraufwand und Zusatzkosten verbunden gewesen." Außerdem hätte die Gefahr einer Qualitätsmilderung durch den Wechsel bestanden.

Bei der Zahl der pro Person höchstzulässigen zehn Aufsichtsratsmandate wird im Gesetz nunmehr für börsenotierte Unternehmen die einschränkende Regelung des so genannten Corporate Governance Kodex verankert. Der Kodex sieht vor, dass in diesen Gesellschaften nicht mehr als acht Mandate ausgeübt werden dürfen. Der Aufsichtsrats-Vorsitz zählt doppelt.

Haftungsregelung gestrichen

Von besonderer Wichtigkeit für den Börseplatz Österreich sei gewesen, dass die zur Diskussion gestandene und in ihrer Überzogenheit europaweit einzigartige Haftungsregelung ersatzlos gestrichen worden sei, sagte Sorger weiter. "In EU-weit einzigartiger Form war im Begutachtungsentwurf eine unmittelbare Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat gegenüber den Aktionären in bestimmten Fällen vorgesehen gewesen." Dieser Alleingang hätte nach Einschätzung des IV-Präsidenten zu nicht absehbaren Schäden für den österreichischen Kapitalmarkt führen können.

Kapitalmarktrechtliche Ansprüche müssen weiterhin gegen die Gesellschaft gerichtet werden. Diese kann sich - im Fall des Falles - beim Organmitglied schadlos halten. "Dieses Haftungsmodell bietet bereits jetzt Schutz für geschädigte Anleger", so der stellvertretende Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Reinhold Mitterlehner, in einer Aussendung. Die Selbstregulierung der Wirtschaft sieht Mitterlehner mit der im Ministerrat heute beschlossenen Regierungsvorlage zum GesRÄG "respektiert". (APA)