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Auch Hunde wollen wohl gewandet sein: Fox Terrier im orange farbenen Regenmantel mit gelbem Fleece-Futter von Carolina Herrera, bei der 'Doggie Show' 2005 in New York.

Foto: Reuters/PETER MORGAN
Andy Warhol porträtierte sie, Caroline Kennedy trug ein von ihr entworfenes Hochzeitskleid, und Laura Bush kleidete sich zur Amts- einführung ihres Mannes in einen ihrer Entwürfe: Carolina Herrera kann man Weltläufigkeit und Prominenz nicht absprechen. Die 1939 in Caracas, Venezuela als Tochter einer alteingesessenen Grundeigentümerfamilie Geborene brachte dafür auch den richtigen Upperclass-Background mit. Erst mit 40 Jahren entschloss sie sich, nach ihrer Übersiedelung nach New York und ermutigt von Diana Vreeland, Chefredakteurin der amerikanischen Vogue , ihr Gespür für Anmut und Stil zum Beruf zu machen. Carolina Herrera versteht es perfekt, Eleganz mit Bequemlichkeit und Tragbarkeit mit Femininität zu vermählen. Neben der Haupt- linie kreiert sie auch das günstigere Label "CH", eine Herrenlinie, Schmuck und Accessoires sowie Düfte. DER S TANDARD: Wie war Ihre Beziehung zur Mode, bevor Sie Modedesignerin wurden? Carolina Herrera: Meine Beziehung zur Mode begann eigentlich relativ spät. Als junges Mädchen interessierte ich mich nicht dafür, da waren mir meine Hunde und meine Pferde wichtiger, ich ging reiten und spielte Tennis. Aber das Thema Mode schlief in mir, und plötzlich - mit 16, 17 Jahren - machte ich die Augen auf und begann, mich dafür zu interessieren. DER S TANDARD: Sie sind jetzt seit 1981 im Modebusiness tätig. Welche Veränderungen haben Sie in dieser Zeit registriert? Herrera: Meine Arbeit hat sich nicht so sehr verändert, sondern eher entwickelt. Als ich begann, war Mode noch anders, viel opulenter. Nach und nach hat sich meine Arbeit weiterentwickelt, große Ärmel wurden reduzierter, üppige Kleider dezenter. Es war aber nicht nur eine Reduktion. In den 80er-Jahren gab es mehr Exzessives und Auffälliges, jetzt ist alles ruhiger geworden. Es geht mehr um gute Schnittführung, schöne Materialien. DER S TANDARD: Was möchten Sie mit Mode vermitteln? Herrera: Ich möchte den Frauen einen femininen Look geben, sophisticated und elegant, mit Allüre und Glamour. Mode ist ja schließlich was für die Augen, sie soll gefallen und Frauen besser aussehen lassen. DER S TANDARD: Wie wird Ihr Stil in 20 Jahren aussehen? Herrera: Der wird so aussehen wie heute: klassisch mit einer modernen Art, Dinge zu kombinieren, aktiv und realistisch, tragbar, nicht nur für die Laufstegshow. Es soll ein Mix aus Realität und Fantasie sein. DER S TANDARD: Mögen Sie Retro-Style? Herrera: Nein, ich mag zwar manche Ideen daran, aber ich mache nicht gerne auf Retro, weil das schon zu viel gemacht wurde. Und die Leute haben es schon satt. Man kann Details aus anderen Dekaden nehmen und sie für unsere Zeiten adaptieren. Aber ich recherchiere sehr viel. Zum Beispiel für die Frühjahr / Sommerkollektion 2005: Da kommt die Inspiration aus dem Interieur- und Textilbereich der 40er-Jahre. Ich habe Details etwa von Mosaiken in die Kollektion integriert. Ich sammle Dinge, die mir gefallen, und beziehe dann oft Inspiration daraus. DER S TANDARD: Welche Designer finden Sie gut? Herrera: Karl Lagerfeld bewundere ich sehr, der ist ein Genie und äußerst talentiert. Er ist schon so viele Jahre bei Chanel, und seine Entwürfe entsprechen immer dem Geist von Chanel, und doch sind sie auch Karl Lagerfeld. Auch seine Kollektion für H & M finde ich super, ich habe sie zwar nicht gesehen, aber die Idee finde ich toll. Das würden wir auch gerne machen . . . Ich glaube, da stellt sich eine ganze Schlange von Designern an, die das gerne machen würden. Außerdem finde ich noch Armani sehr schön, Chanel sowieso, und auch Madame Grès. DER S TANDARD: Hatten Sie so eine Art Stilvorbild? Herrera: Meine Mutter und meine Großmutter haben mich sehr beeindruckt, das waren sehr gut angezogene Frauen. Meine Mutter stammt aus einer Familie mit sehr schönen und beeindruckenden Frauen. DER S TANDARD: Ihre Großmutter hat Sie ja auch einmal zu den Pariser Modeschauen mitgenommen. Herrera: Das war so: Ich war damals 13 Jahre alt und habe meine Großmutter in Paris besucht. Und an diesem Abend hatte sie niemand, der auf mich hätte aufpassen können. Alleine wollte sie mich aber auch nicht lassen, und darum nahm sie mich zur Balenciaga-Schau mit. Es war also nicht so, dass ich als 13-Jährige nach Paris gekommen wäre, um die Schauen zu sehen. Mode interessierte mich damals nämlich überhaupt nicht. DER S TANDARD: Ist das richtige Parfum so wichtig wie die richtige Handtasche? Herrera: Parfum ist für Frauen sehr wichtig, ich trage es immer. Ich erinnere mich noch gut an das erste Parfum, das mir auffiel, es war von meiner Großmutter und hieß "Fleur de Rocaille". Mit 15 fing ich dann auch an, Parfum zu tragen. Das erste war "Joy", weil es auch meine Mutter hatte, später dann "Diorissimo". Ich liebe Düfte mit weißen Blumen. DER S TANDARD: Brauchen Sie Luxus? Herrera: In der Mode ist der wundervollste Stoff immer der beste, weil damit alles gut ausschaut. Je nach Saison mag ich Chiffon, Samt, Gaze, reines Leinen oder Doubleface-Wollstoffe. Ausgezeichneter Schnitt und super Qualität, das ist für mich das Wichtigste. Wenn man gutes Material verwendet, hält ein Kleidungsstück ewig. DER S TANDARD: Wo kommen Ihre Inspirationen her? Herrera: Ich glaube, dass das Gedächtnis einen großen Beitrag leistet. Schöne Dinge, die man gesehen hat, Orte, an denen man gewesen ist, Details, die einem ge- fallen haben - Inspiration kann von überall her kommen. Und natürlich ist die Kunst eine wichtige Quelle, ich liebe zum Beispiel die Impressionisten sehr. (Der Standard/rondo/06/05/2005)