Wien - Der Weg nach Kyoto ist mit 8.900 Kilometern Luftlinie für Österreich nicht nur geographisch gesehen weit: Große Schritte bedarf es auch bei der Erreichung des Klimaziels: Statt der angepeilten Reduktion der Treibhausgase ist der Ausstoß im Jahr 2003 weiter gestiegen. Die Kluft zum Klimaziel wird damit immer größer, wie aus dem aktuellen Kyoto-Fortschrittsbericht des Umweltbundesamtes hervorgeht.

Gemäß dem Kyoto-Ziel hat sich Österreich dazu verpflichtet, die Treibhausgasemissionen verglichen mit dem Stand von 1990 um 13 Prozent zu senken. Vom angepeilten kontinuierlichen Abbau weicht Österreich allerdings immer weiter ab: Laut Zielpfad wäre für 2003 eine Reduktion der sechs im Protokoll geregelten Treibhausgase um 8,5 Prozent vorgesehen gewesen.

Von wegen Reduktion ...

Tatsächlich sind die Emissionen verglichen mit 1990 aber deutlich gestiegen: 2003 gab es Plus von 16,6 Prozent, der Ausstoß von 91,6 Millionen Tonnen markierte den bisherigen Höchststand. Die Differenz zum Kyotoziel für 2010 beträgt damit 29,6 Indexpunkte.

Als Hauptverursacher machte das Umweltbundesamt (UBA) drei Faktoren aus: Verkehr, öffentliche Strom- und Wärmeproduktion sowie die Industrie. Den stärksten Zuwachs verzeichnete im vergangenen Jahrzehnt der Straßenverkehr, wo es von 1990 bis 2003 ein Treibhausgas-Plus von zehn Millionen Tonnen (plus 83,5 Prozent) gab. Dass das wichtigste Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) im Jahr 2003 so stark angestiegen ist, liegt laut Umweltbundesamt hauptsächlich am Anstieg der öffentlichen Strom- und Wärmeproduktion in kalorischen Kraftwerken.

Angesichts der eher ernüchternden Bilanz Österreichs hinsichtlich der Kyoto-Klimaziele will Umweltminister Pröll die bestehenden Strategien "nachschärfen". "Wir liegen 2003 nicht in dem Trend, den wir uns wünschen", räumte er am Mittwoch ein. Eine öffentliche Konsultation der bestehenden Maßnahmen soll nun neue Impulse für den Kampf gegen die Treibhausgase bringen.

"Völliges Scheitern auf allen Ebenen"

Heftige Kritik übte die Opposition an den Ergebnissen des Fortschrittberichts: SPÖ-Umweltsprecher Kai Jan Krainer attestierte Umweltminister Josef Pröll ein "völliges Scheitern auf allen Ebenen", Eva Glawischnig, die Umweltsprecherin der Grünen, sah in dem Papier einen "Rückschrittsbericht". Konzeptlosigkeit warf Global 2000 dem Umweltminister vor.

Die von Pröll angekündigte Überarbeitung der bisherigen Klimastrategie sei ein Eingeständnis "für die völlig verfehlte Klimapolitik des 'Nicht-amtsführenden Umweltministers'", so Krainer in einer Aussendung. Statt jährlich 2,5 Millionen Tonnen an Treibhausgasemissionen einzusparen, sehe der Minister tatenlos zu, wie über 90 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen im Jahr 2003 "rausgeschleudert" worden seien.

Glawischnig sieht Österreich "weiter denn je" vom Kyoto-Ziel entfernt: "Da ist keine Trendumkehr in Sicht. Im Gegenteil, der Anstieg geht beschleunigt weiter." Sie kritisierte, dass Pröll am Mittwoch keine einzige neue Maßnahme präsentiert habe, obwohl die Daten seit Jänner bekannt seien.

Umweltorganisationen: "Desaster" und "Kollaps"

Global 2000 bemängelte, dass der Minister den Klimaschutz einmal mehr "auf die lange Bank" geschoben habe. Trotz der dramatischen Zahlen des verspätet vorgelegten Kyoto-Berichts lasse sich Pröll "konzeptlos ins Klimadesaster treiben".

Auch für Greenpeace zeigt der Bericht Schwachstellen in der österreichischen Klimaschutzpolitik. "Das von Umweltminister Pröll immer ins Treffen geführte Argument des Tanktourismus kann die verfehlte Klimapolitik Österreichs nicht entschuldigen. Österreich steuert langsam aber sicher in den politischen Klimakollaps, wenn nicht endlich die Weichen für eine vernünftige Klimapolitik gestellt werden", so Greenpeace-Klimaexperte Erwin Mayer.

Als dringend notwendige Reformen schlägt Greenpeace eine ökologische Steuerreform vor. (APA)