Die Interpretation der SPÖ, dass nun die Einführung der gemeinsamen Schule möglich sei, stehe auf tönernen Füssen, meint Grünen-Bildungssprecher Dieter Brosz: "Bei der ÖVP zeigt sich, dass sie keine Handschlagsqualität hat. Ihre beim Reformdialog im Februar gegebene Zusage auf Blockademöglichkeiten zu verzichten, hat nicht einmal drei Monate gehalten. Taktisches Verdribbeln der SPÖ und die Blockadementalität der ÖVP haben eine gänzliche Abschaffung der Zweidrittelmehrheit verhindert."

Dagegen sieht der Bundesobmann der FPÖ, Heinz-Christian Strache, in der "schwammigen Formulierung" über die Differenzierung "nichts anderes als die politische Hintertüre um schlussendlich doch noch die Gesamtschule nach sozialistischem Muster zu etablieren".

Der konservative Österreichische Cartellverband (ÖCV) hatte sich vehement gegen die komplette Abschaffung des Verfassungsranges für Schulgesetze eingesetzt. Am Donnerstag sagte Cartellverbandspräsident Johannes Eitzinger: "Wir verstehen die Beschlusslage so: Die Gesamtschule ist nun verhindert und der Religionsunterricht gesichert."

Die Wiener Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl sieht erfreut den Weg für Reformen frei. "Unseren Kindern können jetzt moderne Unterrichtsformen und individuelle Förderung geboten werden, soferne der Gesetzgeber diesen Weg einschlagen will." SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser erteilte "Gewaltakten" bei Strukturreformen eine Absage - sie müssten gründlich beraten und vorbereitet werden; breiter Konsens sei nötig. (DER STANDARD-Printausgabe, 6.5.2005)