Thomas Rottenberg
Wien - Katja B. ist genervt. Und unausgeschlafen. Die Studentin hat nämlich ihr Handy in der Nacht nicht ausgeschaltet (sie wartet auf einen Anruf) und hat deshalb nicht schlafen können. Nicht wegen des Anrufs (der kam nicht), sondern wegen der Party. Die findet in einer Wiener Großdiscothek statt, in die Katja nie einen Fuß setzen würde. Den Veranstalter interessiert das nicht - er schickt Katja regelmäßig SMS-Nachrichten, die sie - wie Hunderte andere - zur juvenilen Lustbarkeit locken sollen.
Wäre es nur die eine Veranstaltung, wäre das erträglich: einmal Piep. Doch in den letzten Wochen piept es oft und öfter: Immer mehr Unternehmen entdecken SMS als Werbemedium.
Widerstand ist zwecklos: Die Werber senden ihre Botschaften über SMS-Plattformen aus dem Internet. Der Empfänger sieht daher nur die Nachricht und ein nichtssagende, anonyme Nummer.
"Wir kennen das Problem, sind aber machtlos", bedauert Andrea Greiner, Geschäftsführerin des Grazer SMS-Dienstes sms.at. Ihre von monatlich über sechs Millionen Besuchern frequentierte Homepage ist - auch - Absenderpostamt etlicher Werbebotschaften. Der Datenschutz, bedauert Greiner, mache es ihr unmöglich nachzusehen, wer die Seite missbrauche.
Einzig einen "Schmutzfilter" gäbe es, der User bei bestimmten Vokabeln darauf hinweise, dass die Nachrichten gespeichert bleiben - für den Fall, dass sich Behörden offiziell (etwa nach Drohungen) erkundigen. Mit dem Schutz, den Werbeopfer erhoffen, habe das aber nichts zu tun, bedauert Greiner. Außer man lässt sich auf eine generelle Sperrliste für Post von sms.at setzen - damit käme man aber in die Region, in der Kinder mit dem Bade ausgeschüttet würden, meint sie.
Von Rechts wegen dürfte es SMS-Werbung gar nicht geben, betonen Konsumentenschützer. Das Telekommunikationsgesetz verbiete nämlich Werbung via Telefon, Fax oder E-Mail. "SMS", ist AK-Konsumentenschützerin Daniela Zimmer sicher, "zählen sinngemäß dazu." Auch wenn vor allem Clubveranstalter gegenüber dem STANDARD betonen, ihre SMS-Nachrichten wären "Einladungen, keine Werbung", sei klar, dass hier kommerziell und nicht zwischenmenschlich kommuniziert werde.
Dass SMS-Verschicker betonen, ihre Adressen nur aus Karteien zu haben, in denen sich die Empfänger selbst eingetragen hätten, ändere daran nichts, meint Zimmer: "Es macht einen qualitativen Unterschied, ob ich Infos per Post bekomme oder jemand meinen SMS-Speicher zumailt. Auf den Listen müsste da eigens gefragt werden, ob auch SMS-Werbung erwünscht ist."
Dies, ist die Nacht für Nacht von unerwünschten Einladungen belästigte Studentin Katja B. sicher, sei aber noch nie auf einer Adressliste angeführt gewesen. Überdies ist sie "absolut sicher", sich nie auf Adresslisten von Großraumdiscotheken, Striplokalen oder Zirkussen verewigt zu haben.