Wieder einmal hat Anfang der Woche Heinz Fischer in Kärnten beherzigenswerte Worte gesprochen, als er meinte, 50 Jahre nach dem Staatsvertrag, 15 Jahre nach dem Zerfall Jugoslawiens und ein Jahr nach dem Beitritt Sloweniens zur EU sei die Zeit reif für eine vernünftige Lösung der Ortstafelfrage. Leider setzt diese Ansicht Vernunft dort voraus, wo eine solche Lösung bisher verhindert wurde, und wenig weist darauf hin, die Worte des Bundespräsidenten könnten sie wecken. Großmächtige Erzfeinde während des Zweiten Weltkrieges haben längst Frieden miteinander geschlossen, nur im Schatten der Karawanken stellt ein Grüppchen, das Trachtenterrorismus als Heimatliebe ausgibt, unterstützt von parteipolitischen Marodeuren den Weltkrieg II stets aufs Neue nach - so weit schriftlich vor allem in Andreas Mölzers "Zur Zeit" und im Hetzblatt des einschlägigen Heimatdienstes.

Genauer gesagt, kämpfen sie nur die letzte Phase nach, wird KHD-Obmann Josef Feldner doch seit Jahren nicht müde, die These zu vertreten: Im Zusammenhang mit den Partisanenverbrechen ist hier noch Nachholbedarf gegeben. Vom Nachholbedarf im Zusammenhang mit vorangegangenen Verbrechen der Wehrmacht im ehemaligen Jugoslawien spricht er eher weniger, Überlegungen dazu kann er getrost den Opfern der brutalen Naziverfolgung nach 1945 überlassen.

Österreichische Minderheitenpolitik besteht für seinesgleichen in ungefähr drei Punkten. Erstens: Wo bleiben die Gegenleistungen Sloweniens? Zweitens: Die Emotionen der Mehrheitsbevölkerung berücksichtigen. Drittens: Ein Ortstafeldiktat wird es nicht geben, Staatsvertrag hin, Verfassungsgericht her.

Der letzte Punkt ist insofern merkwürdig, als es im "Kärntner" vom April 2005 gleich auf der gegenüber liegenden Seite heißt: Slowenische Bevölkerung zeigt kaum Interesse an weiteren Tafeln. Hat der brave Heimatdienstleister etwa nur das eine im Sinn, den Großteil der rund 12.000 slowenischsprachigen Kärntnerinnen und Kärntner, der kein Interesse an weiteren zweisprachigen Ortstafeln zeigt, vor einem diesbezüglichen Diktat zu beschützen?

Man fragt sich natürlich auch, warum der Kärntner Heimatleiter plötzlich wieder eine geheime Minderheitenfeststellung fordert, wo der Heimatdienst doch ohnehin weiß, dass es rund 12.000 slowenischsprachige Kärntnerinnen und Kärntner gibt. Zweifelt Haider an Feldners Talent zur Addition oder am Ergebnis der ohnehin vorliegenden Volkszählung 2001?

Man muss allerdings zugeben, slowenische Tücke macht es dem aufrechten Heimatschützer nicht leicht, der ihm angeborenen Großzügigkeit freien Lauf zu lassen. Auch wenn es heute keine Gebietsforderungen mehr gegenüber Kärnten gibt, so kann im ehemals heftig umstrittenen Kärntner Grenzraum ein offen bekundetes Streben unseres Nachbarn nach einem "Vereinten Slowenien" mit Kärnten unter einem gemeinsamen EU-Dach keineswegs vertrauensbildend wirken. Da darf es nicht wundern, wenn zweisprachige Ortstafeln in Südkärnten von der Bevölkerung als Markierungen für ein slowenisches Territorium gesehen und abgelehnt werden.

Worin die angesprochene Bedrohung bestehen soll, weiß der Heimatdienst aber selbst nicht genau, erforderten doch die Ängste innerhalb der Mehrheitsbevölkerung u. a. nicht nur eine endliche Verurteilung der Partisanenverbrechen sowie die Respektierung auch der legitimen Interessen der Deutschkärntner, sondern vor allem eine ausdrückliche Absage an die Vision eines "Slowenisch-Kärnten", was immer darunter zu verstehen ist.

Wenn nicht einmal der Heimatdienst, der sich jahrzehntelang auf diese Frage spezialisiert hat, weiß, was immer darunter zu verstehen ist, dann ist darunter wohl ein plumper Vorwand zu verstehen, die Aufstellung von zweisprachigen Ortstafeln zu verhindern. Verständlich, leidet Kärnten doch bitter unter dem perfiden Slowenien. Der EU-Beitritt Sloweniens wurde vom offiziellen Kärnten wie ein nationales Großereignis gefeiert. Zum "Dank" dafür beschimpften wenig später fast die Hälfte der Abgeordneten im Laibacher Parlament die Kärntner Koalitionsregierung als "national-sozialistisch".

Fast die Hälfte? Gar nicht so schlecht! Aber wie die das wohl gemacht haben? Im Chor? Jeder einzeln? Und war es wirklich zum "Dank" für die Feierlaune des offiziellen Kärnten, oder gab es einen anderen Zusammenhang? Eines ist jedenfalls klar: Slowenien wird der deutschen Sprache im eigenen Grenzraum eine größere Bedeutung beimessen müssen, es kann sich nicht einfach wie der Kärntner Heimatdienst vor der Erfüllung des österreichischen Staatsvertrages drücken.

Es wird auch in Slowenien, darauf werden wir drängen, verstärkt Kulturveranstaltungen von Kärnten geben müssen, bei denen die deutsche Sprache, Kärntnerlieder in deutscher Sprache und so weiter auch der slowenischen Öffentlichkeit präsentiert werden. Denn es gibt kein Slowenisch-Kärnten, aber was könnten die Nachbarn schon dagegen haben, am Kärntner Wesen zu genesen? (DER STANDARD; Printausgabe, 7./8.5.2005)