Geschlechterpolitik
Antidiskriminierungs- Gesetz: Noch große Aufklärungsarbeit notwendig
Einige Ergänzungswünsche frauenseitens
Wien - Das Antidiskriminierungs-Gesetz soll einen möglichst umfassenden Schutz sowohl
gegenüber dem Staat als auch auf privater Ebene bieten. Hannes Tretter vom Ludwig Boltzmann-Institut
für Menschenrechte, der den Entwurf zum Gesetz gemeinsam mit einigen NGOs ausgearbeitet hat, sieht
aber noch "große Aufklärungsarbeit" zu leisten: "Ich kann mir vorstellen, dass einem
Antidiskriminierungs-Gesetz große Vorbehalte entgegen gebracht werden." Es soll Diskriminierungen
aufgrund von Geschlecht, Rasse, ethnischer Herkunft, Behinderung, Weltanschauung, Religion und
sexueller Orientierung abwenden, besondere Fördermaßnahmen seien aber nicht Gegenstand des
Gesetzes, so Tretter Dienstag abend bei einer Podiumsdiskussion im Funkhaus des ORF im Vorfeld der
Eröffnung der EU-Beobachtungsstelle für Rassismus am Freitag in Wien. Eckpfeiler Klage
Als Eckpfeiler des Entwurfs nannte er die Möglichkeit zur Klage auf Unterlassung und Schadenersatz.
Diskriminierende Texte in der Öffentlichkeit, in Medien, Schaufenstern und Inseraten sollen
verwaltungsstrafrechtlich geahndet werden. Für Bewerbungen und am Arbeitsplatz soll ein
Gleichbehandlungsgebot gelten, daneben sei der Schutz vor Mobbing im Entwurf verankert. Zur
Beweiserleichterung genüge eine Glaubhaftmachung, die diskriminierende Person habe dann die
Beweislast zu tragen. Eine Ombudsstelle soll aufklärend wirken, Gutachten erstellen, in Verfahren
unterstützen, beraten und kostenlos vertreten.
Die Klage würde zuerst eine Schlichtungsstelle beim Oberlandesgericht beschäftigen, der
Schlichtungsversuch sei auf freiwilliger Basis. Eine Entscheidung der Schlichtungsstelle soll jedoch
bindend und durchsetzbar sein. Erst danach sei der Gerichtsweg offen.
Diskriminierung - Untersuchung auf EU-Ebene
Der Sozialwissenschaftler Bernhard Perchinig beleuchtete die Rechtslage zur auf EU-Ebene
Diskriminierung. Dort kann der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Parlaments
einstimmig geeignete Vorkehrungen treffen - allerdings nur im Rahmen der Zuständigkeiten der EU.
Schulpolitik und Wahlrecht sei beispielsweise ausgenommen. Auf EU-Ebene gebe es weiters zwei
Entwürfe für Richtlinien. Eine betreffe sämtliche Bereiche des Beschäftigungsverhältnisses, die andere
rassische Diskriminierung im Zusammenhang mit Beschäftigung. Würden diese beiden Richtlinien
tatsächlich beschlossen, würde das für Österreich einigen "Sprengstoff" bedeuten. Perchinig nannte
beispielsweise das Ausländerbeschäftigungsgesetz oder den Ausschluss von Ausländern von
Gemeindewohnungen, die unter Umständen EU-rechtswidrig sein könnten.
"Frauen sind keine diskriminierte Gruppe", Aber:
Die Gleichbehandlungsanwältin Ingrid Nikolay-Leitner berichtete von ihren Erfahrungen. Vorab betonte
sie aber: "Frauen sind keine diskriminierte Gruppe und Frauen sind schon gar nicht Minderheit". Vielmehr
seien sie die "von der Norm ignorierte Hälfte". Beim Gleichbehandlungsgesetz, das für die
Privatwirtschaft gilt, war es "längste Zeit unklar, dass das Gesetz wie jedes andere ist". Zum geplanten
Antidiskriminierungs-Gesetz hatte sie aus Frauensicht einige Ergänzungswünsche. So sollten dort
beispielsweise sexistische Werbung, Belästigungen, wenn die Frau den Arbeitsplatz verlassen hat, und die
sprachliche Ignoranz gegenüber Frauen berücksichtigt werden.
(APA)