Stefan Weber von den Saubartln Drahdiwaberl wurde für sein "Lebenswerk" geehrt. Er tat auf der Bühne zum Dank ein bisserl Richtung Staatsmacht kunstspeiben.

Foto: ORF/Ali Schafler
Wien - Am Anfang sangen die deutschen Silbermond (Nena minus Schlager plus Rock mal Schlager ergibt: Schlock!) in Zeit Für Optimisten: "Wir brauchen Wunder!" Das bescherte Andi Knoll, dem eventuell von Ö3 bekannten Moderator des Abends, daraufhin spontanen Beifall im Saal: "Ich freue mich schon auf das Ende dieser Sendung! Fürchtet euch nicht!"

Wie jedes Jahr zur Spargelzeit wurden auf dem Küniglberg die Amadeus Austrian Music Awards vergeben. Eine großtuerische Provinzposse, die auch heuer wieder aus Sicherheitsgründen (Nipplegate in Hietzing?) zeitversetzt auf ORF 1 ausgestrahlt wurde.

Bei der geht es darum, dass in diversen Kategorien Nominierte darum kämpfen, ihre am heimischen Markt bescheiden und deshalb zahlenmäßig einer strengen Geheimhaltung unterliegend meistverkauften Tonträger von einer "Jury aus 400 Fachleuten" zum Sieger küren zu lassen. Wer keine Wahl hat, darf in Österreich trotzdem wählen.

Darunter fanden sich heuer etwa auch die in den Seitenblicken weltberühmten Popdiven Nina Proll oder Antonia und Verena aus Tirol. Oder wie es der neben DJ Ötzi nominierte Georg Danzer in seiner Dankesrede als "Popkünstler des Jahres national" auf den Punkt brachte: "Jeder Preis hat seinen Preis."

Christl Stürmer jedenfalls (Nena minus Schlager plus Rock mal Schlager mal Unterlippenpiercing ergibt: Schlock!) burschikoste sich als Retterin des heimischen Pop für Mädchen zwischen Pferde- und Brad-Pitt-Poster am Ende mit zwei Pokalen dieses "wichtigsten österreichischen Musikpreises" nach Hause: "Künstlerin/Single des Jahres". Das verleitete Laudator Wolfgang Ambros zu der besorgten Frage: "Wos mochst mit dem ganz'n Dreck?!"

Woraufhin die deutsche Band Juli (Nena minus Schlager plus Rock mal Schlager mal Nasenpiercing ergibt: Schlock!) österreicherisch dachte: "Ich glaubte es zu schaffen, doch es geht nicht!"

Mit gertenschlanken 348.000 Zusehern konnte die Sendung halb so viele Zuseher verbuchen wie die zeitgleich auf ORF 2 laufenden Weißblauen Geschichten aus Bayern. Was auch ein Kräfteverhältnis von heimischem zu deutschem und überhaupt ausländischem Pop abbildet. Heimischer Pop findet im Fernsehen schließlich nur einmal im Jahr statt. Bei den Amadeus Awards.

Roland Düringer brachte dieses Dilemma als Preisredner angesichts der sich hier ausgiebig selbst feiernden Abspielstation für Meterware internationaler Unterhaltungsmultis namens Ö3, die im Saal mit einem deswegen verächtlich den Mund verziehenden Joghurtwerber vertreten war, auf den Punkt. Düringer habe gute Musik erst spät kennen gelernt. Er sei mit Ö 3 aufgewachsen.

Repressive Toleranz

Weiter kommentieren muss man dieses Trauerspiel nicht. Eva Jantschitsch alias Gustav zitierte als im Sinne der repressiven Toleranz gekürte Preisträgerin des ORF-Nischensenders FM 4 eine, no na, deutsche Band: "Aber hier leben, nein danke!"

Danach zog sich Franz Morak, der einst selbst singende Kunststaatssekretär, in der ersten Reihe ganz spontan eine Plastikplane über den Anzug. Stefan Weber von den Saubartln Drahdiwaberl wurde für sein "Lebenswerk" geehrt. Er tat auf der Bühne zum Dank ein bisserl Richtung Staatsmacht kunstspeiben. Es gilt Moraks alte Leier: "Sieger sehen anders aus!"

Andi Knoll gefiel das alles. So weit er konnte: "Eine Mischung aus Villacher Fasching, Treffpunkt Kultur und Musikantenstadl!" Härter ist im Gedankenjahr noch nicht über Österreich befunden worden. (DER STANDARD, Printausgabe, 07./08.05.2005)