Der neu strukturierte Brauriese Heineken, der Ost- und Mitteleuropa künftig von Wien aus bearbeitet, sieht gerade in Russland seine größten Wachstumschancen. Tatsächlich boomt der Biermarkt. Das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft, denn bislang trinken die Russen erst einen Bruchteil des westeuropäischen Durchschnittsverbrauchs.

Nicht nur der Weinkonsum steigt rapide, auch der Hopfensaft ist in Russland, dem fünftgrößten Biermarkt der Welt, dabei, zum Nationalgetränk Wodka aufzuschließen. Innerhalb von zehn Jahren ist die Brauereiindustrie aus einem bankrottnahen Zustand zu neuem Glanz erstanden.

Auch heuer könnten die Prognosen von fünf bis sieben Prozent wieder übertroffen werden. Wachstumsgarant ist vor allem die steigende Kaufkraft. Während Bier bisher etwa gleich teuer war wie im Westen, so konkurriert seit Kurzem die neue Beliebtheit des Billigbiersegments nun auch preislich mit den Spirituosen (ein halber Liter Wodka kostet gerade einmal drei bis vier Euro). Der und die Russin trinken nämlich inzwischen doppelt so viel Bier wie noch 1990, aber immer noch erst ein Drittel so viel wie Deutsche oder Tschechen (Letztere jährlich 160 Liter pro Kopf).

Warten auf Bud

Heineken, im Vergleich zu anderen westlichen Brauern ein Späteinsteiger, begann im Vorjahr ein dreijähriges Großinvestitionsprogramm. Aufgrund der Tatsache, dass die russische Stammbrauerei in St. Petersburg voll ausgelastet ist, wurde im Vorjahr in der Süduralrepublik Baschkortostan und in Nischni Nowgorod zugekauft.

Später kam noch eine der besten sibirischen Brauereien in Novosibirsk hinzu, und nun wurde noch Patra in Jekaterinenburg erworben. Bis 2007 will Heineken, das im Sommer auch russisches Guinness brauen wird, in Russland 9,5 Millionen Hektoliter Bier pro Jahr produzieren können und seinen derzeitigen Marktanteil von derzeit 8,3 Prozent auf landesweit 9,2 Prozent steigern.

Nummer eins mit 34,2 Prozent Marktanteil ist der russische Konzern Baltic Beverages Holding, die in Petersburg Europas größte Brauerei mit dem Namen "Vena" ("Wien") unterhält. Platz zwei hält SUN Interbrew, die auch an der Kapazitätsgrenze braut. Ein Russlandengagement des Biergiganten Anheuser Bush ("Bud") ist noch nicht erfolgt, sollte aber laut Beobachtern bald stattfinden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.05.2005)