Wien - Der Ministerrat hat in seiner Sitzung die Eckpunkte der Pensionsreform außer Streit gestellt. Das berichteten Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V), Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F), Arbeitsminister Martin Bartenstein (V) und Sozialministerin Elisabeth Sickl (F) gemeinsam im Pressefoyer nach der Regierungssitzung. Angesichts der guten Arbeitsmarktdaten sei der Zeitpunkt für die Umsetzung der Reform "beinahe ideal", so Schüssel. Die Pensionsreform bezeichnete er als "weiteren Stein im Mosaik einer erfolgreichen Regierungspolitik". Mit der Reform werde das Vertrauen in das Pensionssystem für Junge wieder hergestellt und die Pensionen für die Zukunft besser abgesichert. Invaliditätspension bleibt "völlig unangetastet" Der Kanzler betonte, dass in bestehende Pensionen nicht eingegriffen werde. Für Arbeitnehmer, die knapp vor der Pensionierung stehen, gebe es Übergangsregelungen. Die Invaliditätspension bleibe "völlig unangetastet" und den Jungen werden laut Schüssel "keine unfinanzierbaren Lasten auferlegt". Schüssel wörtlich: "Wer sagt, dass keine Reformen notwendig sind, sagt den heutigen Berufstätigen nicht die Wahrheit." Die schrittweise Anhebung des Frühpensionsalters ab Oktober sei notwendig und erfolge mit Augenmaß. Ab 1. Oktober wird das Frühpensionsalter schrittweise pro Quartal um zwei Monate angehoben. Im Oktober 2002 wird für Frauen dann ein Frühpensionsalter von 56,5 und Männer von 61,5 gelten. Für Beamte gibt es im selben Zeitrahmen die gleichen Anhebungen. "Vernünftiges Tempo" Schüssel ist überzeugt, dass es sich bei der Anhebung um ein "vernünftiges Tempo" handelt. Die Regelung werde einfachgesetzlich umgesetzt. Die Regierung ist überzeugt, dass die Neuregelung vor dem Verfassungsgerichtshof "durchaus Bestand" habe, da der Vertrauensschutz gewährleistet sei. Schließlich werde bereits seit Ende Oktober über eine Anhebung des Frühpensionsalters diskutiert. Den Sorgen und Fragen der Bevölkerung im Zusammenhang mit der Pensionsreform will die Regierung mit einer "großen Informationsarbeit" begegnen. Schüssel verwies auf die guten Arbeitsmarkt- und Konjunkturdaten: "Wann, wenn nicht jetzt, können und müssen wir eine solche Reform mit sozialem Augenmaß für die Jungen starten." Riess-Passer: Die Reform basiere auf dem Prinzip der Gerechtigkeit Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) betonte nach dem Ministerrat am Mittwoch, mit der Pensionsreform werde es keinen Eingriff in bestehende Pensionen geben. Das Paket sei zur langfristigen Sicherung des Pensionssystems notwendig. Die Reform basiere auf dem Prinzip der Gerechtigkeit. Als Beispiel nannte sie, dass für Frauen die Kindererziehungszeiten verstärkt angerechnet werden sollen. Weiters betonte sie, dass Sonderpensionsrechte wie innerhalb der AK einer "strengen Überprüfung" unterzogen werden sollen. Trotz des Bezügebegrenzungsgesetzes gebe es innerhalb der AK noch immer Sonderregelungen. Hier müsse es zu einer Gleichbehandlung kommen. Sickl: Reform sozial verträglich Sozialministerin Elisabeth Sickl (F) verwies darauf, dass die Reform sozial verträglich sei. Derzeit seien im Durchschnitt nur zehn Jahre der Pensionen durch die Beiträge finanziert, der Rest komme von den Bundeszuschüssen, der von 85 Mrd. S im Vorjahr auf 95 Mrd. S im kommenden Jahr anzuwachsen drohe. Durch die Reform werde es wie geplant zu einer Reduzierung der Zuschüsse um 15 Mrd. S im Jahr 2003 kommen. Fünf Mrd. entfallen laut Sickl auf den öffentlichen Dienst und zehn Mrd. auf den ASVG-Bereich. Sickl bestätigte, dass nun mit den Sozialpartnern verhandelt werden soll: "Ich hoffe auf ihre konstruktive Zusammenarbeit." Wo es "Spielräume" in den Verhandlungen gibt, wollte Sickl vorerst nicht sagen: "Wir werden abwarten, was die Sozialpartner an Vorschlägen einbringen und welche Probleme sie sehen." Die Ministerin kündigte weiters an, dass sie die Expertenkommission ersuchen werde, an weiteren Reformen für das Pensionssystem zu arbeiten. Die Pensionen müßten laufend dem Wandel der Gesellschaft angepasst werden. Die Kommission soll Vorschläge für eine langfristige Sicherung des Pensionssystems ausarbeiten. Bartenstein: Flankenschutz für ältere Arbeitnehmer Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) betonte nach dem Ministerrat, der Regierung sei von Beginn an klar gewesen, dass es bei der Pensionsreform "einen Flankenschutz insbesondere für ältere Arbeitnehmer" geben müsse. Daher sei auch ein neuer "Pakt für Ältere" beschlossen worden, mit dem rund eine Milliarde Schilling für diese flankierenden Maßnahmen zur Verfügung gestellt werde. Als besonders wichtige Maßnahme sieht Bartenstein die vorübergehende Ausdehnung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes. Durch die Ausweitung des Bonus-Malus-Systems in der Arbeitslosenversicherung erhofft sich der Wirtschaftsminister einen Anreiz, ältere Arbeitnehmer länger in Beschäftigung zu halten. Ausbauen will Bartenstein die Arbeitsteilzeit. Seit 1. Jänner 2000 haben ältere Arbeitnehmer die Möglichkeit, bei 75 Prozent Bezahlung ihre Arbeitszeit auf 50 Prozent zu reduzieren. 75 Prozent dieses Bezugs werden dem Arbeitgeber vom AMS ersetzt, wenn er eine Ersatzkraft einstellt. Künftig soll durch den Pakt für ältere Arbeitnehmer dieses Altersteilzeitgeld auch ohne Einstellung einer Ersatzkraft gewährt werden können. Weiters soll das AMS durch ein vereinfachtes Frühwarnsystem die Möglichkeit erhalten, sich sofort um ältere Arbeitnehmer zu kümmern. Durch die neue Regelung, die den Arbeitgeber zu einer entsprechenden AMS-Meldung zeitgleich mit dem Ausspruch der Kündigung gegenüber Arbeitnehmern, die älter als 50 Jahre sind, verpflichtet, könnten laut Bartenstein schon ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. (APA)