ÖVP und FPÖ haben im Budgetausschuss die Abschaffung des Postzeitungsdienstes mit 1. Juli beschlossen. SPÖ und Grüne stimmten gegen die Streichung. Die Post kann künftig von sich aus individuelle Preisvereinbarungen mit den betroffenen Zeitungen, Hilfsorganisationen und Vereinen treffen. Derzeit kostet der Zeitungsversand die Post 1,3 Milliarden Schilling, 900 Millionen davon wurden vom Bund abgegolten. "Demokratiepolitisch desillusionierend und medienpolitisch kontraproduktiv", kommentierte Walter Schaffelhofer, Generalsekretär des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ), die geplante Streichung. Unterschiedliche Meinungen in der Causa dürfte es auch in der Regierung selbst geben. Während Infrastrukturminister Michael Schmid (FPÖ) vehement für die Abschaffung des ermäßigten Zeitungstarifes eintritt, hält ÖVP-Mediensprecher und Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer von dem Plan anscheinend weniger. "Man kann nicht einfach mit einem Tag X die Zuschüsse plötzlich abschaffen", heißt es laut "WirtschaftsBlatt" aus dem Ministerbüro. Molterer will demnach, dass der begünstigte Versand "zumindest in beschränktem Ausmaß" - für Kaufzeitungen und Non-Profit-Organisationen - erhalten bleibt. Trotz des Beschlusses im Budgetausschuss wurde nun ein Komitee eingerichtet, das sich bis zur Zweiten Lesung der entsprechenden Gesetzespassagen im Nationalrat (am 27. April) um eine Lösung der akutesten Probleme bemühen soll. Neben Schmid und Molterer gehören der Gruppe Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ), ÖVP-Klubobmann Andreas Khol sowie FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler an. Die Zeitungsverleger sehen darin eine Möglichkeit, "der Vernunft doch noch eine Chance zu geben", so Schaffelhofer. Der VÖZ erwarte sich auch, "in Gespräche eingebunden zu werden, nachdem bisher alle Betroffenen - die Post AG eingeschlossen -, ohne ein Gespräch mit ihnen zu suchen, von einer Entscheidung überfahren wurden". Dem begünstigten Postzeitungsdienst liege laut Schaffelhofer eine demokratiepolitische Idee zu Grunde. Die flächendeckend erhältliche und erschwingliche Information ist für den Bürger gleichsam ein "geistiges Grundnahrungsmittel". Daher sei es auch ein Affront, wenn Gratiszeitungen, die es sich leisten können, kein Entgelt für ihre Produkte zu verlangen, diesbezüglich eine Gleichstellung mit Kaufzeitungen reklamieren und Infrastrukturminister Schmid für seine Streichung des Postzeitungsdienstes sogar noch Beifall spenden. Die Bundesräte der SPÖ richteten am Donnerstag in einer Sitzung des Bundesrates an Infrastrukturminister Schmid eine Dringliche Anfrage zum Thema Zeitungsversand. Die Sozialdemokraten sehen Arbeitsplätze und den unabhängigen Journalismus gefährdet. Darüber hinaus konstatieren sie eine Benachteiligung des ländlichen Raumes, wo die Zeitungszustellung höhere Kosten verursacht, sowie die EU-Rechtswidrigkeit der geplanten Maßnahmen. Kein Thema in der laufenden Kürzungsdebatte sind übrigens die gemeinnützigen Leistungen des ORF. Laut Rundfunkgebührengesetz wird dem öffentlich-rechtlichen Sender ab 2001 der Einnahmenentfall durch Gebührenbefreiungen vom Finanzminister ersetzt. Bis 2004 soll dies eine Summe von etwa 600 Millionen Schilling ergeben. Ein Einfrieren dieser Mittel "war bisher kein Thema", so FPÖ-Klubchef Westenthaler. "Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Das Rundfunkgebührengesetz ist ja eine Altlast der SPÖ-ÖVP-Regierung." Presseclub Concordia protestiert Neben diversen gemeinnützigen Organisationen hat am Donnerstag auch der Presseclub Concordia gegen die von der Regierung geplante Streichung des ermäßigten Postzeitungsdienstes protestiert. "Der Presseclub Concordia warnt mit allem Nachdruck vor politischen Maßnahmen, die die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit in schwere Gefahr bringen". Das Concordia-Präsidium sieht in den Plänen, Zeitungsposttarife und Bestimmungen über die Zustellungsverpflichtung der Post für Zeitungen abzuschaffen, einen "gefährlichen Anschlag auf die Informationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger und auf die Meinungsvielfalt und Titelvielfalt im heimischen Pressewesen". Durch eine solche im demokratischen Europa einzigartige Maßnahme würden hunderte Medien-Arbeitsplätze vernichtet. "Mit Entsetzen" stellt der Presseclub Concordia fest, dass der "Warnung" von FPÖ-Chef Jörg Haider, die Journalisten mögen bei ihren Äußerungen auch an die Presseförderung denken und nicht die Hand beißen, die sie füttert, innerhalb kürzester Zeit eine Regierungsvorlage folgte, in der die Streichung der gesamten indirekten Presseförderung enthalten ist. Die Concordia fordert von der Bundesregierung von diesem "Anschlag auf die Pressefreiheit in Österreich Abstand zu nehmen". Das Präsidium beschäftigte sich auch mit zunehmenden Bestrebungen, besonders von Funktionären der FPÖ, die Bestimmungen über das Redaktionsgeheimnis zu ändern. Eine solche Gesetzesänderung würde eine wesentliche Grundlage der Pressefreiheit zerstören. Protestnote an Klestil übergeben Das Präsidium des Presseclubs Concordia hat Donnerstag Nachmittag Bundespräsident Thomas Klestil eine Protestnote gegen die von der Regierung geplante Streichung des ermäßigten Postzeitungsdienstes übergeben. Der Bundespräsident sagte zu, die Sorgen der Concordia und der Zeitungsherausgeber dem Bundeskanzler und dem Finanzminister zur Kenntnis zu bringen. Wie aus Kreisen der Concordia-Delegation verlautete, habe der Bundespräsident die Besorgnis geteilt, dass sich in Österreich der Konzentrationsprozess unter den Medien verstärken könnte. Ein Zeitungssterben könne nicht im Sinne einer Weiterentwicklung einer demokratischen Zivilgesellschaft sein, habe der Bundespräsident erklärt. Schmid will caritative Bereiche weiter unterstützen "Die Unterstützung caritativer Bereiche wird auch weiterhin erfolgen", erklärte Infrastrukturminister Michael Schmid (FPÖ) im Zuge der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage von SPÖ-Bundesräten zur Abschaffung des Postzeitungsversandes. Mit Sicherheit aber würden behördliche Nachrichten sowie Parteizeitungen keine Begünstigung mehr erhalten, stellte Schmid klar. Als Grund dafür nannte er unter anderem die "desaströse finanzielle Situation", die ihm sein SPÖ-Vorgänger Caspar Einem hinterlassen habe. Aus den Jahren 1998 und 1999 gebe es seitens der Post Zeitungsversand-Forderungen in der Höhe von bis zu 1,6 Milliarden Schilling, die einfach nicht beglichen wurden. "Sachverhalt falsch dargestellt" Zur Kritik des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) meinte Schmid, dass diese in weiten Bereichen ungerechtfertigt sei und der Sachverhalt falsch dargestellt werde. Schmid erklärte weiters, dass sich der Verband der österreichischen Regionalzeitungen seit Jahren bemühe, in die Liste der für den Postzeitungsversand Begünstigten aufgenommen zu werden. "Interessanterweise wurde dies von jener Partei erfolgreich verhindert, die sich heute hier herstellt und lauthals die Meinungsvielfalt gefährdet sieht", so Schmid. Den Vorwurf, mit der Streichung des ermäßigten Zeitungstarifes eine etwaige negative Auswirkung auf den Arbeitsmarkt der Journalisten verantworten zu müssen, wies Schmid zurück. Vielmehr habe die SPÖ in jüngerer Geschichte eine solche Entwicklung zu verantworten, meinte der FPÖ-Minister in Anspielung auf die Einstellung der "AZ". Zu möglichen neuen Modellen für die von der Streichung bedrohten Kaufzeitungen gab Schmid in seiner Aussendung keine Informationen.(APA)