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Foto: APA

Wien – Das waren sie nicht gewohnt, die Planer von damals. So schön hatten sie schon alles fix fertig entworfen, ganz im Geiste des späten Wirtschaftswunders der beginnenden 70er Jahre: Weg mit der alten G'stätten und dafür die Errichtung von modernen Wohn- und Bürohäusern.

Er war ja wirklich am Ende, der Spittelberg. Damals, vor 30 Jahren, waren sie verkommen, die Häuser im Grätzel zwischen Volkstheater, Burggasse und Stiftskaserne. Leere Wohnungen, die höchstens kurzfristig an Gastarbeiter vergeben wurden und die Tristesse abbröckelnder Fassaden. Das Urteil: Weg damit.

Auf einmal aber regte sich Widerstand bei den paar letzten Einwohnern. Da wurde eine "IG Spittelberg" gegründet – von ein paar "Zuagrasten" und solchen, die gleich einmal als "Weltverbesserer" und "Utopisten" hingestellt wurden. Und dann noch, kurz vor dem Abriss: Eine Besetzung des Amerlinghauses.

Und siehe da: Die Stadtverwaltung lenkte ein, ließ sich zu einem Umdenken bewegen. Und anstelle der Abrissbirne wurde mit der Revitalisierung begonnen, bei der die Betroffenen einbezogen wurden. Das Ergebnis war eine dichte Gastronomielandschaft, eine Vielfalt an Galerien, Kunsthandwerkbetrieben und Veranstaltungen wie der Weihnachtsmarkt mit den vermutlich besten Platzki der Stadt.

Sanft erneuert

Seither steht das Spittelbergerviertel als Symbol für die Erhaltung historischer Bausubstanz – und gilt neben dem "Planquadrat" von Margareten als einer der Kristallisationspunkte bei der Entwicklung der "sanften Stadterneuerung" in Wien.

Zum 30. Jahrestag der Spittelbergrettung wurde nun von Herbert und Karin Bednarik die Foto- und Videoausstellung "Gegen-denken" gestaltet, die vom 20. Mai bis zum 15. September in der Passage am Spittelberg Platzl gezeigt wird. Dokumente, die die Entwicklung vom "Ratzenstadl" der 70er bis heute begleiten.

Dazu am Freitag ein (20. 5.) ab 14.30 Uhr eine Führung durch die Innenhöfe des Spittelbergs (Treffpunkt: Bezirksmuseum Spittelberg/Amerlinghaus). Ab 19.30 Uhr der erste "Talk im Atrium" des Lux (Spittelberggasse 3): "Wie erleben Musliminnen Wien, wie erlebt Wien Musliminnen". Und ab 20 Uhr gleich daneben in der Weinstube: Stephan Paryla mit den "Spittelberg Liedern Hur & Moll".

Am Samstag dann ab 14 Uhr eine Führung zum Thema Stadterneuerung am Beispiel Spittelberg (Treffpunkt: Bezirksmuseum), ab 16.30 Uhr "Donnergott Frieslautenbach – musikalische Interventionen im öffentlichen Raum" und ab 19.30 Uhr die Diskussionsrunde "Zeitzeugen 30 Jahre Spittelberg" im Amerlinghaus. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD – Printausgabe, 20. Mai 2005)