Zwei Offene Briefe an den P.E.N. Club
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich möchte Ihnen meinen Austritt aus dem P.E.N. bekanntgeben. Da ich, ohne gefragt worden zu sein, ob ich weiterhin kandidieren möchte, aus dem Vorstand entfernt wurde, sehe ich keine Möglichkeit mehr, mich im Rahmen des P.E.N. aktiv an der Kulturpolitik zu beteiligen, und ich möchte mich nicht einem autoritären Führungsstil ausliefern, der kritische Stimmen umgehend zum Schweigen bringt.
Wenn die Reaktion des Vorstands auf sachliche Kritik kommentarloser Ausschluss ist, kann ich das nur als undemokratisches Vorgehen verstehen. Ich sehe meinen Platz nicht als entmachtetes Fußvolk in einem hierarchischen Verband, und ich möchte auch nicht weiter durch mein Verbleiben und Schweigen Stellungnahmen mittragen, die ich weder in der Form noch im Inhalt gutheißen kann.
Mit freundlichen Grüßen,
Anna Mitgutsch
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Dass der österreichische PEN litt und sanierungsbedürftig war, war - als ich eintrat - längst kein Geheimnis mehr. Diese Schriftstellervereinigung hat auch Rassismus- und Menschenrechtsfragen auf ihre Fahnen geheftet, Fahnen, die einem allerdings nun reaktionäre Luft entgegenwehen.
Kurz nachdem ich in diese Luft hineinriechen wollte, wurde ich auch schon verwarnt: Aufpassen solle ich! Aufgepasst hatte ich nicht, eine Meinung hatte ich, anstatt die des verwarnenden Vorstandsmitgliedes zu bejahen oder - was eigentlich verlangt war - diese zu bewundern, eine Haltung, die als Synonym für den PEN stehen kann. Kritische Stimmen haben im PEN keinen Platz, wohl aber Jasager, Bewunderer, Schweiger.
Also gab es schon gestern Gründe genug, die "In den Vorstand?"-Frage mit "Danke nein" zu beantworten, um sich zurückzuziehen, was in der letzten Zeit immer weniger gelang. Nichtteilnehmen an PEN-Veranstaltungen, die immer mehr den Eindruck machten, als müssten sie "füllen" - abstruse Orte, Räumlichkeiten, zuletzt sogar Prunkräume -, dämpften den Unmut nicht.
Der Eindruck verstärkte sich, dass es dabei hauptsächlich um ein, zwei Teilnehmer mehr ging als um Novellen und Essays, um den kritischen Austausch, um Haltungsverjüngung. Immer mehr irritierte, was dem PEN entwich: nicht dessen oft beklagte Überalterung, sondern Haltungen und Gesinnungen etlicher - und nicht nur in Amerika lebender - PEN-Mitglieder waren es, die betroffen machten.
Daher kann es ein "Mit-einer-Zunge-Reden" nicht geben, kann es eine "Stellungnahme zur aktuellen Situation" nicht geben, so sich diese nicht auf die Stimmen der Mitglieder stützen kann.
Dine Petrik