Das Verkaufsobjekt "10.000 zusätzliche Betreuungsplätze für Pflichtschüler" ist schon ziemlich gut abgehangen. Es hängt auch schon seit November 2003 in der politischen Auslage und wird seither immer und immer wieder neu angepriesen, wenn es um schulische Nachmittagsbetreuung geht. Vor eineinhalb Jahren kündigte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer beim Kinderbetreuungsgipfel die zusätzliche Tagesbetreuung in den Schulen als Wohltat für Eltern und Kinder an. Zuletzt, im Februar 2005 beim Schulgipfel, wurde das Angebot aufgemotzt durch die Ansage, man wolle "volle Ganztagsbetreuung mit Beweislastumkehr" anbieten. Nicht die Eltern sollten die Plätze erkämpfen müssen, sondern die Schulen müssten für Vollbetreuung sorgen. Wird sie konsumiert, gut. Wenn nicht, auch gut. Und alle sind zufrieden.

Nicht ganz. Denn Betreuung kostet Geld, und das will keiner rausrücken. Und so wurden am Montag - nach einer "Aussprache" Gehrers mit den Pflichtschulerhaltern, Städte- und Gemeindebund - die guten alten "10.000 zusätzlichen Plätze" wieder als Beweis für die Umtriebigkeit der Regierung in Sachen Kinderbetreuung verkauft. Von vollem Betreuungsangebot - also von kompletter Deckung des Bedarfs der Eltern - keine Rede. Gehrer will nicht ansatzweise eine Garantieerklärung abgeben, dass im Herbst 2006 jedes der 27.100 Kinder, die laut Mikrozensus Nachmittagsbetreuung brauchen, sie aber derzeit nicht bekommen, in der Schule betreut wird. Die Ministerin verweist auf die Kosten und sagt, man könne nicht alles leisten, schon gar nicht "von null bis 24 Uhr". Aber man bemühe sich.

Das ist zu wenig und riecht verdächtig nach: Es wird nix werden mit der versprochenen Ganztagsbetreuung für alle, die sie brauchen, oder: Ein unbetreutes Kind ist noch lang kein Beweis. (DER STANDARD, Printausgabe, 24.05.2005)