Bagdad/New York - Die Zahl der bei Anschlägen und Kämpfen getöteten Iraker ist im Mai gegenüber dem Vormonat drastisch gestiegen. Mindestens 670 irakische Zivilisten und Sicherheitskräfte wurden seit dem 1. Mai getötet, das waren fast 40 Prozent mehr als im April, wie das irakische Gesundheitsministerium am Mittwoch bekannt gab. Noch dramatischer hätten allerdings die Verluste der Aufständischen zugenommen: Nach den offiziellen Zahlen kamen im Mai nahezu 300 Aufständische ums Leben, im Vormonat waren es 60 gewesen.

Großoffensive der USA

Die Verfünffachung dürfte mit zwei Großoffensiven der US-Streitkräfte im Westen Iraks zusammenhängen, bei denen nach Zählung der Nachrichtenagentur AP rund 140 mutmaßliche Aufständische getötet wurden. Zudem wurden seit dem Antritt der neuen Regierung nach AP-Zählung etwa 100 Selbstmordattentate verübt.

Trotz der zunehmenden Verluste der Rebellen bleiben die irakischen Zivilisten die größte Opfergruppe: 434 kamen im Mai ums Leben, rund 30 Prozent mehr als im April. Die Zahl der getöteten Polizisten stieg im Monatsvergleich um 75 Prozent auf 151, die irakischen Streitkräfte hatten 85 Tote zu beklagen, gut doppelt so viele wie im April.

Warnung vor schnellem US-Abzug

Angesichts der dramatischen Lage warnte der irakische Außenminister Hoshiar Sebari vor dem Weltsicherheitsrat in New York vor einem baldigen Abzug der von den USA geführten multinationalen Truppe. Der Sicherheitsrat verlängerte am Dienstagabend das Mandat der Koalitionstruppen, das erstmals im Juni 2004 auf Bitten der damaligen irakischen Übergangsregierung erteilt worden war. In der einstimmig verabschiedeten Erklärung wurde aber die Hoffnung geäußert, dass die Iraker bald allein die Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernehmen könnten.

Die US-Streitkräfte erklärten unterdessen, bei einer Serie von Razzien seien seit Sonntag 113 mutmaßliche Aufständische festgenommen worden. Nahe der syrischen Grenze zerstörten US-Kampfhubschrauber am Mittwoch zwei Gebäude, aus denen heraus amerikanische Bodentruppen angegriffen worden waren, wie die Streitkräfte weiter mitteilten. Unter den Aufständischen habe es Opfer gegeben.

Selbstmordanschlag auf Bagdader Flughafen

Bei einem Selbstmordanschlag auf einen US-Kontrollpunkt am Flughafen Bagdad wurden am Mittwoch 15 Menschen verletzt. Zu dem Anschlag bekannte sich laut einer im Internet veröffentlichten Erklärung die Gruppe Al Kaida im Irak.

Die britischen Streitkräfte reduzierten unterdessen die Haftstrafen von zwei Soldaten, die wegen Misshandlung irakischer Zivilisten im Gefängnis sitzen, um jeweils sechs Monate auf eineinhalb Jahre bzw. auf ein Jahr. Der Straferlass sei auf Anraten eines zivilen Richters erfolgt, der das Militärgerichtssystem überwacht, teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mit. Die beiden Männer hatten unter anderem Fotos von einem Häftling gemacht, den sie an einen Gabelstapler gehängt hatten. (APA/AP)