ZUR PERSON: Patrick de Smedt ist Chairman für Microsoft Europe, Mittlerer Osten and Afrika (EMEA). Der 50-jährige ist seit 22 Jahren im Unternehmen.

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Standard: In der Microsoft-Stellungnahme zum so genannten Kok-Bericht vergangenen November betont Ihr Unternehmen umfassende Bereitschaft, Europa beim Erreichen der Lissabon-Ziele auf dem Gebiet der Informations- und Telekommunikationstechnologie (IKT) zu unterstützen. Steckt dahinter nicht auch eine gehörige Portion Eigeninteresse?

de Smedt: Europa ist eine wichtige Region für Microsoft. 30 Prozent unseres Umsatzes kommen von hier. Wir sehen hier sicher noch ein großes Potenzial, nicht nur bei den Umsätzen, sondern vor allem bei Innovationen. Und es ist nicht nur Microsoft, die von diesem Potenzial profitieren wird. Wir haben hier mehr als 260.000 Partner, die mit uns zusammenarbeiten. Das heißt, von unseren Anstrengungen profitiert das ganze Wirtschaftssystem.

Standard: In der Stellungnahme betonen Sie ebenfalls die Bedeutung einer offenen Wettbewerbspolitik. Gilt dies auch für Microsoft? Die EU war diesbezüglich ja anderer Meinung und hat im vergangenen Jahr ein deutliches Urteil dazu gefällt. de Smedt: Wir streben mehr und mehr danach, ein offenes und transparentes Unternehmen zu werden und öffnen uns zusehends anderen Unternehmen, um gemeinsam Systeme auf den Markt zu bringen, die interoperabel sind. Jüngstes Beispiel dazu ist unsere breit angelegte Kooperation mit Sun Microsystems.

Standard: Wann werden wir hören, dass Microsoft alle Auflagen der EU erfüllt hat?

de Smedt: Wir haben am 1. Juni die erforderlichen Vorschläge zur Beendigung des Kartellstreits vorgelegt. Nun liegt es an der Kommission, diese zu prüfen. Wir arbeiten wirklich eng mit der Kommission zusammen, den Fall zu beenden. Wir wollen das Ganze möglichst bald hinter uns bringen.

Standard: Sehr deutlich sind auch die Aussagen Microsofts zur anhängigen EU-Entscheidung zu Software-Patenten, die Sie ja befürworten, die Open-Source-Gemeinschaft sich jedoch vehement dagegen ausspricht.

de Smedt: Software als solche kann sicher nicht patentiert werden, sondern nur dann, wenn sie auf einem Gerät implementiert ist. Um Letzteres geht es uns hier. Patente sind deshalb wichtig, weil sie einen Schutz für die Investitionen darstellen, die Softwarefirmen in Form von Forschung und Entwicklung getätigt haben. Auch sind Patente ein guter Weg, um Innovationen im Markt bekannt und zugänglich für andere zu machen, da sie ja publiziert werden müssen. Auch in der Open-Source-Welt gibt es geistige Eigentumsrechte und Lizenzprogramme und unterschiedliche Lizenzformen, auch hier gibt es kommerzielle Aspekte.

Standard: Open-Source-Produkte wie Linux sind auf dem Vormarsch. Wie groß ist Ihre Angst davor, dass hier einer Ihrer stärksten Konkurrenten heranwächst?

de Smedt: Es hat immer schon Wettbewerbssituationen gegeben, wo Microsoft hart arbeiten musste. Wir begrüßen Open Source Software und Linux, da sie den Wettbewerb und die Qualität der Produkte vorantreiben. Es gibt darin eine Menge gute Dinge. Zum Beispiel die Transparenz und das gemeinschaftliche Entwicklungsmodell, bei dem die Community ein Feedback geben kann.

Skeptisch sind wir jedoch, wie derartige Lizenz- und Businessmodelle einen Beitrag zum wirtschaftlichen Wachstum leisten und zu weiteren Investitionen in Forschung und Entwicklung anregen können. Microsoft gibt dafür 16 Prozent seines Umsatzes aus, wovon nicht nur wir profitieren, und deshalb ist es wichtig und legitim, dass wir mit unserer Software auch etwas verdienen wollen.

Standard: Als Marktführer bei Software sind Sie das beliebteste Ziel von Viren. Wird es jemals so etwas wie einen vollständigen Schutz geben?

de Smedt: Die Anfälligkeit unserer Systeme hat sich anderen Softwareplattformen gegenüber in den vergangenen zwei Jahren dramatisch verbessert. Auf diesem Gebiet investieren wir auch am meisten. Doch es reicht nicht, dass wir Informationen und die notwendigen Patches und Updates zur Verfügung stellen, solange der Konsumer sie nicht auch regelmäßig nutzt.(Das Gespräch führte Karin Tzschentke, DER STANDARD Printausgabe, 4. Juni 2005)