Peter A. Bruck, Mitinitiator des World Summit on Information Society, ist stolz auf die Wiener Erklärung gegen die digitale Kluft

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Die österreichische Bundesregierung hat Informations- und Kommunikationstechnologie zur Chefsache erklärt. Wenn Bundeskanzler Wolfgang Schüssel davon spricht, dass es vor allem darum geht, sich den Herausforderungen des Digital Divide zu stellen, sind solche Worte aus seinem Munde neu. Worum es geht: die Kluft zwischen Menschen mit Zugang zu neuen Technologien und jenen, denen diese Möglichkeiten verwehrt sind, zu überbrücken.

Der Anlass für Schüssels Worte war eine Konferenz mit dem Titel ICT & Creativity, die am 2. und 3. Juni in Wien stattgefunden hat. Ziel der von Ministerien und Wirtschaft mit 140.000 Euro finanzierten Konferenz: die Vorbereitung auf den UN World Summit on Information Society (WSIS), der von 16. bis 18. November in Tunis stattfinden wird und für den 168 Nationen ihre Teilnahme zugesichert haben. In Wien hatten sich bei der vorbereitenden Veranstaltung Vertreter aus fünf Ministerien, Unesco und Unido sowie IT-Fachleute aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie Multimedia-Anbieter, Musiker und Designer zusammengefunden, um gemeinsam mit Experten aus 35 Ländern über die Zukunft der Wissensgesellschaft nachzudenken. Neben dem Ungleichgewicht, was den Zugang zu Technologie betrifft, stand auch die Frage der Qualität von digitalen Inhalten im allgemeinen Weltdiskurs, der so genannte Content Gap, auf der Tagesordnung. ICT & Creativity-Organisator Peter Bruck vom Internationalen Centrum für Neue Medien in Salzburg (ICNM) äußerte sich nach dem ersten Konferenztag positiv: "Die Technologieschraube zieht immer mehr an, es ist wichtig, Menschen aus unterschiedlichen Bereichen zusammenzubringen und effiziente Netzwerke mit Rückendeckung durch die Bundesregierung zu bilden." Bruck - übrigens auch einer der Initiatoren des WSIS - ist stolz, dass es am Ende der Veranstaltung auch einen konkreten Plan in Form der Wiener Erklärung präsentieren kann. "Ein klar thematisierter Content und Qualitätssicherung im Weltdiskurs sind Themen, die nur in einem strukturierten Dialog gemeinsam erarbeitet werden konnten", sagt Bruck. Und dass Österreich als Initiator in dieser Diskussion eine wichtige Rolle spielt, wertet er ebenfalls als ein eindeutiges Signal und einen Erfolg der Bundesregierung.

Spannend jedoch bleibt die Frage, inwiefern Themen wie Weltdiskurs, Qualitätssicherung von digitalen Inhalten und die Gewährleistung von Zugang zu Technologien in einem globalen Kontext auch de facto ihre Auswirkungen zeigen werden. Sicher ist, dass es am Weltgipfel in Tunis ein mit 168 Nationen international besetztes Forum geben wird, das das Potenzial hat, aus theoretischen Forderungen praktische Maßnahmenpakete zu formulieren. "Das ist ein besonderer World Summit - ein Gipfel, der offen ist für alle und der über die Veränderungen in der modernen Welt genauso nachdenkt wie über fundamentale, alles durchdringende Qualität der Revolution, die uns die Informationsgesellschaft gebracht hat", sagte Yoshio Utsumi, Generalsekretär der ITU, einem der Hauptorganisatoren der WSIS.

Das Fazit nach der ICT & Creativity-Konferenz in Wien: Gut, dass nicht nur Praktiker, sondern auch Regierungen über die Zukunft der Wissensgesellschaft nachdenken. Mögen der "Wiener Erklärung" auf dem Weltgipfel in Tunis auch handfeste Ergebnisse folgen. (pok/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6. 6. 2005)