Wien - Überschattet von einer Debatte über ein neues Eisenbahner-Dienstrecht haben am Dienstag bei den ÖBB die ersten Betriebsratswahlen nach der Reform der Bundesbahnen begonnen.

Der Vorstandssprecher der ÖBB-Holding Martin Huber verlangte am Dienstag mehr Flexibilität beim Personaleinsatz. Mitarbeiter sollten künftig auch dorthin übersiedeln, wo sie benötigt würden. In Vorarlberg und Tirol könnten Bauleistungen von 185.000 Arbeitsstunden nur unzureichend von den ÖBB selbst erbracht werden, weil die freien Mitarbeiter in Kärnten oder Steiermark säßen. "Hier ist durch eine Adaptierung des Dienstrechts Abhilfe zu schaffen", verlangte Huber einmal mehr auf einer Pressekonferenz in Wien.

Gewerkschaft gegen Dienstrechts-Änderung

Für Eisenbahner-Gewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl kommt eine Änderung des Dienstrechts dagegen weiterhin nicht in Frage. Vor allem der Kündigungsschutz sei eine "unumstößliche Errungenschaft", sagte Haberzettl am Dienstag zur APA. Nach Meinung des Gewerkschafters gibt es auch regional derzeit keine Überkapazitäten.

Heftig debattiert wird derzeit auch über die Beschäftigung von Lehrlingen. Der Aufsichtsrat der ÖBB-Dienstleistungs GmbH (DLG) wird Dienstag Nachmittag die Gründung einer neuen ÖBB Lehrlings-Management-Gesellschaft beschließen - einer 100-prozentigen Tochter der DLG, die künftig als Stiftung die Lehrlinge der ÖBB beschäftigen soll. Die Gewerkschaft sieht durch diese Stiftung die Ansprüche der Lehrlinge gefährdet, der Vorstand weist das zurück.

Streitpunkt Lehrlinge

Außerdem glaubt die Personalvertretung, dass heuer weit weniger Lehrlinge aufgenommen werden als bisher. Derzeit beschäftigen die ÖBB 1.300 Lehrlinge, jedes Jahr kamen bisher 358 dazu. Heuer haben die ÖBB nach eigenen Angaben allerdings erst 68 neue Lehrlinge aufgenommen, Gewerkschaft spricht von nur 54 Neuzugängen. Vizekanzler Infrastrukturminister Hubert Gorbach (B) versicherte vorige Woche, dass die ÖBB auch heuer 358 neue Lehrstellen vergeben würden. Das ÖBB-Management erklärte zuletzt, dass durch das AMS und über die ÖBB-Lehrlingsstiftung die Finanzierung der Ausbildung bisher für 141 Jugendlichen fixiert worden seien. 149 Ausbildungsplätze seien aktuell noch offen, hier seien die Verhandlungen mit Ländern und Gemeinden noch im Laufen, so die ÖBB-Führung.

Aktuell wollte Huber zu der Diskussion keine Stellungnahme abgeben: "Bis zum Ende der Betriebsratswahlen erspare ich mir jeden weiteren Kommentar", meinte der ÖBB-Vorstand.

Gewählt wird noch bis Donnerstag. Weil im Rahmen der ÖBB-Strukturreform zahlreiche Regionaldienststellen aufgelöst und die Verwaltung zentralisiert wurde, wählen die knapp 43.000 wahlberechtigten Eisenbahner statt früher in 243 Wahlkreisen nur noch in 88. Dadurch wird auch die Zahl der Betriebsräte um zwei Drittel auf 726 Personalvertreter schrumpfen. Die Zahl der komplett freigestellten Betriebsräte bleibt mit 80 bis 100 Gewerkschaftern aber annähernd gleich.

In allen 88 Wahlkreisen kandidiert nur die Fraktion sozialdemokratischer Eisenbahner (FSE). Gewerkschaftschef Haberzettl strebt zumindest zwei Drittel aller Stimmen an. Die Christgewerkschaft FCG tritt als solche nur in drei Wahlkreisen an, die Grünen Personalvertreter (GUG) kandidieren in 17 Wahlkreisen, der Gewerkschaftliche Linksblock (GLB) in 14. Dazu kommen noch acht Namenslisten. (APA)