Wien - "Ich find das wunderbar, das sollte man überall in der Stadt machen." Viviana (15) steht in der Neubaugasse und fotografiert die gelben Stoffbahnen, die seit Montag Werbeschriftzüge und Firmenschilder verdecken.

Die Aktion "Delete!" der Künstler Steinbrenner/Dempf sorgt für Aufmerksamkeit: "Es kommen viele Leute von der Mariahilfer Straße herein, um sich das anzuschauen", erzählt eine Verkäuferin. "Viele können nichts damit anfangen, aber die Jungen finden's witzig."

In einem Stehcafé ist man über die "gelb verpackte" Gasse weniger glücklich: "Das ist billig gemachte halberte Arbeit, meine Kunden fragen, was das sein soll", meint die Bedienung.

Mit wirtschaftlich positiven Effekte rechnen die wenigsten Kaufleute. "Ich erwarte nicht mehr Umsatz, das ist einfach ein tolles Kunstprojekt", sagt Eva Beresin aus einem HiFi-Geschäft. Sie sieht in der Aktion eine Befreiung, die unnötige Informationen verdeckt. "Man sieht viel mehr, wenn man weniger sieht. Die Leute schauen jetzt genauer."

Die Passanten reagieren gemischt auf die derzeit wohl auffälligste Wiener Einkaufsstraße. Michael ist die Aktion "eigentlich egal", beim ersten Durchgehen habe es ihn aber "schon ziemlich geflasht". Eine ältere Dame findet es "gut, dass den Leuten die ganze Werbeüberflutung bewusst wird", obwohl sie zugibt, ein Geschäft nicht gleich gefunden zu haben. (cdw/DER STANDARD, Printausgabe, 08.06.2005)