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Österreich setzt auf Moskau: 27 österreichische Produzenten haben ihre Erzeugnisse russischen Importeuren vorgestellt.

Fotos: Reuters/FABRIZIO BENSCH, WILLIAM WEBSTER - Montage: derStandard.at

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Grafik: APA/M. Schmitt
Moskau - Die österreichische Lebensmittel-Exportoffensive 1-24, benannt nach den Nummern der Zollkapitel für Agrarprodukte, ist bei ihrer neunten und vorerst letzten Station in Moskau angelangt. "Russland zählt zu den Hoffnungsmärkten für Österreich und ist ein wichtiger strategischer Partner", waren sich Landwirtschaftsminister Josef Pröll und der Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), Richard Schenz, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Rahmen der Lebensmittelpräsentation in Moskau einig.

Memorandum wurde unterzeichnet

Pröll strebt eine stärkere Kooperation mit der russischen Agrarpolitik an, was mit der Unterzeichnung eines Memorandums mit dem russischen Landwirtschaftsminister Alexej W. Gordejew besiegelt wurde. Da es kein Handelsabkommen mit Russland gibt, sollen damit stabilere Marktbedingungen für heimische Exporteure geschaffen und Marktzugangshürden abgebaut werden. Auch im Zusammenhang mit der bisher oft aufwendigen Bürokratie wie etwa beim kostspieligen und zeitaufwendigen Lizenzierungssystem soll es Erleichterungen geben.

Forciert werde die landwirtschaftliche Zusammenarbeit künftig vor allem im Bereich der Urproduktion (etwa für den Export von Zuchtrindern und Saatgut), für den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen und beim Know-how-Transfer im Bereich der Ländlichen Entwicklung, hieß es. Die Exportprobleme bei heimischem Rindfleisch seien ausgeräumt, damit seien weitere Lieferungen von Rind- und Schweinefleisch nach Russland gesichert.

Timing genau richtig

"Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um in diesen Markt zu gehen", sagte Pröll. Der russische Markt wachse rapide und Österreich wolle hier mit seinen Exporten mitwachsen.

Chancen sieht Pröll dabei nicht nur für Lebensmittellieferungen, sondern auch im Bereich Umwelttechnologie. Russland habe großen Nachholbedarf bei der Umweltinfrastruktur, werden doch 15 Prozent der russischen Staatsfläche als "ökologisch bedenklich" eingestuft. Aus diesem Grund seien auch erstmals 14 Ökotech-Firmen - etwa aus den Bereichen Anlagenbau, Filtertechnik, Abfallbehandlung oder Siedlungswasserwirtschaft - Teil der Exportoffensive.

Agrar-Handelsbilanzdefizit gesunken

Seit dem EU-Beitritt habe sich die Exportorientierung der heimischen Landwirtschaft deutlich verbessert: So ist das agrarische Handelsbilanzdefizit von 1,35 Mrd. Euro 1995 auf 420 Mio. Euro 2004 geschrumpft. Prölls Ziel ist es, in den nächsten fünf Jahren dieses Handelsdefizit auszugleichen.

Die Daten für das erste Quartal 2005 stimmen dabei weiter optimistisch: Lag das Defizit in den ersten drei Monaten 2004 bei 157 Mio. Euro, so liegt es laut Daten der Statistik Austria im ersten Quartal 2005 nur noch bei 45 Mio. Euro. Gegenüber den mittelosteuropäischen Ländern ist die Bilanz weiter positiv. Als Motor des Exportes erweisen sich immer mehr landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte mit höherer Wertschöpfung ("Nicht Anhang I-Waren").

Handelsbilanz mit Russland positiv

Trotz massiver Handelshürden hat Österreich mit Russland eine äußerst positive Handelsbilanz bei Agrarprodukten und Nahrungsmitteln: Österreich liefert derzeit landwirtschaftliche Waren im Wert von 77 Mio. Euro nach Russland, etwa soviel wie nach Schweden, aber deutlich mehr als beispielsweise nach Griechenland oder Belgien, erläuterte Michael Blass, Geschäftsführer im Fachverband der Lebensmittelindustrie, im Rahmen der Exportoffensive.

43 Mio. Euro dieser Exporte sind Nahrungsmittelprodukte mit höherer Wertschöpfung wie etwa Fertiggerichte, Gewürze, Energy Drinks, Eistee oder Süßwaren. Verstärkt nachgefragt werden auch Tierfutter, Rind- und Schweinefleisch, Würste, Käse, Fruchtzubereitungen, Snacks und Wein, hieß es.

Aus Russland nach Österreich kommen derzeit Waren im Wert von 5,7 Mio. Euro - hauptsächlich handelt es sich um Kaviar und Wodka. Im Ranking der für Österreich wichtigsten Exportmärkte findet sich Russland an 13. Stelle.

Nach hohen Wachstumsraten Ende der 90-er Jahre verlangsamten sich die Zuwächse. 2003 schlossen die Importe mit den Exporten fast gleich - zum Teil deshalb, weil viele der boomenden EU-Beitrittsländer bereits zollfrei nach Österreich liefern durften, heimische Produzenten aber zum Teil noch mit Zollschranken leben mussten.

Trendwende

Das Vorjahr habe dann die Trendwende für die heimischen Lebensmittel-Exporte gebracht, so Blass. Dies sei zum einen auf den Fall der Zollschranken zurückzuführen, was Exporte auch für kleinere Unternehmen wirtschaftlich machbar machte. Andererseits funktioniere die Lebensmittel-Export-Offensive, die vor zwei Jahren von Landwirtschaftsministerium, Wirtschaftskammer und Agrarmarkt Austria gestartet wurde.

Das große Interesse für den russischen Markt führte der Koordinator der Exportoffensive, Robert Kastner, vor allem auf zwei Faktoren zurück: zum einen sei Russland mit 144 Millionen Konsumenten ein riesiger und interessanter Markt. Vor allem Moskau habe mit 8,7 Mio. Einwohnern und einem Pro-Kopf-Einkommen von 925 Euro pro Monat - der russische Durchschnitt liegt bei 230 Euro - enormes Potenzial. Für Lebensmittel werden in Moskau 150 Euro pro Kopf und Monat ausgegeben, in Russland sind es 55 Euro.

Der zweite Grund liege in der Entwicklung des russischen Lebensmittelhandels, der mit 22 Prozent im Jahresvergleich 2003 zu 2004 weltweit am schnellsten wachse, so Kastner. Studien gehen davon aus, dass dieses Wachstum bis 2012 anhält. Der internationale Lebensmittelhandel erobere derzeit den russischen Markt. Auch die deutsche Billa-Mutter Rewe eröffnet im Juli 2005 einen Billa in Moskau, der von Österreich aus koordiniert wird. Die starke Konkurrenz lasse den Handel nach neuen Expansionsstrategien suchen, und österreichische Unternehmen könnten mit innovativen Produkten und Spezialitäten an diesem Kuchen mitnaschen, sagte Kastner.

In Moskau zeigen 27 österreichische Produzenten ihre Erzeugnisse russischen Importeuren. Mit dabei sind etwa Darbo, Staud, Austria Frost, Die Käsemacher, Spitz, Wiesbauer, Winzer Krems, Andritz, Pöttinger oder Saubermacher. (APA)