Karl-Heinz Grasser im Wiener Landesgericht vor dem Prozess gegen "News" wegen der Veröffentlichung von Fotos mit Fiona Swarovski.

Foto: DER STANDARD/Cremer
"In Paris fühlte ich mich sehr privat", erzählt der Finanzminister dem Richter. So verletzten ihn die in "News" veröffentlichten Kussszenen mit Fiona Swarovski. Zu Recht, lautet das Urteil. Die Zeitung muss Grasser dafür entschädigen.

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"Ich bin davon ausgegangen, dass Paris nicht Österreich ist", beteuert Kläger Karl-Heinz Grasser an diesem sonst so unterkühlten Junimittwoch im von Journalistenscharen stürmisch heimgesuchten Wiener Straflandesgericht. Grasser dachte, er könne in Paris "privat und anonym" ein Wochenende zu zweit verbringen. Ja, er ist noch heute überzeugt: "Mein Bekanntheitsgrad ist in Frankreich nahe null." Und Fiona Swarovski? - Die kenne man allenfalls in Italien, in Frankreich wohl eher kaum, "und in Österreich erst seit ein paar Wochen". Dafür wiederum ganz gut.

Von Karl-Heinz Grasser und Fiona Swarovski kursieren, wie etwa acht Millionen Österreicher wissen, Fotos, jede Menge - und stündlich scheinen es mehr zu werden. Viele ziehen gen Norden und landen bei "Bild" in Hamburg. (Rechtliche Schritte werden folgen, verspricht Grassers Anwalt.) Die ersten Fotos entstanden am Pariser Flughafen Charles de Gaulle. "Was war dort?", fragt der Richter unschuldig. "Wir haben eine halbe Stunde mehr oder weniger Kaffee getrunken", erwidert Grasser. Wenigstens das "weniger" scheint bisher niemanden zu interessieren.

"Da will jemand eruptiv etwas loswerden"

Zwei Fotos, auf denen die Lippen der Fotografierten einander gegenseitig abschirmen und so vor den Kameras notdürftig schützen, schafften sofort den Sprung in die damals aktuelle Ausgabe der Zeitschrift "News" - zu einem beziehungstechnisch äußerst ungünstigen Zeitpunkt für den Finanzminister: Er war an sich noch fix vergeben. Grasser sprach sich zwar gegen die Veröffentlichung der Fotos aus. Aber "News" setzte ohnehin mehr auf Fiona Swarovski. "Da will jemand eruptiv etwas loswerden", erinnert sich der Reporter an das vertrauliche Telefonat mit ihr. Nicht minder eruptiv reagierte der Finanzminister auf den Artikel und klagte die Zeitung.

"In Paris fühlte ich mich sehr privat", verrät Grasser dem Gericht. Nur eine Kellnerin am Flughafen durfte daran teilhaben - und das Paar in Umarmung fotografieren. Heimische Touristen und eine Wiener Schulklasse, die eifrig Erinnerungsfotos anfertigten, blieben von dem mehr oder weniger Kaffee trinkenden Paar unbemerkt.

Der "News"-Artikel, "eine Skandalgeschichte im Boulevardstil", habe sich für ihn beruflich und privat negativ ausgewirkt, sagt Grasser: "News hat eine Welle der Berichterstattung über mein Privatleben losgetreten, die ich verurteile." Capri (nur scheinbar) zu zweit war für ihn ein medialer Alptraum: "15 bis 20 Fotografen hinter Bäumen, zwischen Sträuchern und am offenen Meer", erinnert sich der Finanzminister. Dass da selbst punktierte Badehosen scharf werden, darf nicht verwundern.

Richter Friedrich Forsthuber spricht "News" schuldig und Grasser Mut zu: "Der Umstand, ob eine Person des öffentlichen Lebens allfällig zweigleisig fährt, wie sie eine Beziehung beendet und eine neue eingeht, ist grundsätzlich keine Frage, die die Öffentlichkeit zu interessieren hat." "News" schuldet dem Finanzminister strafweise 7000 Euro. Die sind zwar steuerfrei, aber noch nicht rechtskräftig. (Daniel Glattauer/DER STANDARD, Printausgabe, 9.6.2005)