Wien/Paris - Europa könnte längerfristig zwanzig bis dreißig Prozent seines Strom-Verbrauches einsparen. Diese Schätzung kommt von Experten der Internationalen Energie-Agentur (IEA) in Paris. In einer neuen Studie "Saving Electricity in a Hurry" hat die IEA untersucht, welche Stromsparmaßnahmen mehrere Länder gezwungenermaßen kurzfristig umgesetzt haben, weil sie mit Strom-Ausfällen oder Knappheit konfrontiert waren.

Viele Maßnahmen davon taugen auch als langfristige Strom-Spar-Strategie und zwar auch für Österreich, so der IEA-Experte und Verfasser der Studie, Alan Meier: "Würde man sich länger Zeit nehmen und manche der Maßnahmen schrittweise umsetzen, so ließen sich in Europa 20 bis 30 Prozent des Stromverbrauches nachhaltig einsparen. Dies gilt auch für Österreich".

Notsituationen machten es vor

Durch Naturereignisse wie eine Hitzewelle in Europa, eine Trockenheit in Brasilien oder die missglückte kalifornische Strom-Markt-Liberalisierung wurden die betroffenen Länder zu Stromsparmaßnahmen gezwungen. Laut der IEA-Studie waren viele dieser Maßnahmen sehr erfolgreich. Bis zu 20 Prozent des Stromverbrauches konnten vorübergehend eingespart werden, ohne das Wirtschafts-Wachstum oder die Lebensqualität zu beeinträchtigen, sagt Alan Meier.

Ein Beispiel, wie auch Österreich Strom sparen könne, sei der so genannte "Stand-By-Verbrauch" elektrischer Geräte, die zwar nicht in Betrieb sind aber trotzdem nicht völlig ausgeschaltet. Zwischen 5 und 10 Prozent des Gesamt-Stromverbrauches eines österreichischen Haushalts gehen auf das Konto von Stand-By-Betrieb. Zwei Drittel bis drei Viertel davon könnten ohne jede negative Auswirkung eingespart werden, schätzt Meier.

Einmal mehr: Dioden statt Glühbirnen

Auch verhältnismäßig kleine Maßnahmen können überraschend große Wirkung haben: In Kalifornien wurden bei der Strom-Krise fast eine Million Glühbirnen in allen Ampeln durch Leucht-Dioden ersetzt. Allein durch diese Maßnahme wurde der gesamte kalifornische Stromverbrauch um 60 Megawatt gesenkt, das entspricht dem Stromverbrauch von 60.000 Haushalten. Ähnliches sei wahrscheinlich auch in Österreich machbar.

Die größten Sparpotenziale gebe es bei Elektro-Motoren, die in fast allen elektrischen Geräten eingebaut sind. Diese Elektro-Motoren sind für zwei Drittel des gesamten europäischen Stromverbrauchs verantwortlich, sagt Meier: Viele dieser Elektro-Motoren seien aber entweder alt und ineffizient, oder sie laufen auch zu Zeiten, wo das eigentlich nicht nötig wäre. Gerade weil Elektro-Motoren aber einen so großen Anteil am Stromverbrauch haben, gäbe es hier enorme Sparpotenziale.

Medien-Kampagnen

In allen untersuchten Ländern wurden die Massenmedien eingesetzt, um den Konsumenten Energiespartipps zu geben, heißt es in der Studie. In Neuseeland seien Inserate wie "Wenn du in der Dusche singst, wähl kürzere Lieder aus" erfolgreich eingesetzt worden. Die Senkung des Stromverbrauchs wurde dabei auch über den Preis gesteuert. In Kalifornien wurden Konsumenten durch Rabatte zu einer Verbrauchssenkung motiviert. In Brasilien griff man zu drastischen Ankündigungen: So wurde gedroht, jedem der seinen Verbrauch nicht um 20 Prozent senken könne, den Strom ganz abzudrehen. Nach einigen Monaten sei der Stromverbrauch um 20 Prozent gesunken, obwohl niemandem der Strom abgedreht wurde.(APA)