Nordkoreas beste Überlebensgarantie ist die Isolation. Dieses Rezept des Regimes in Pjöngjang, in mehr als 15 Jahren nach dem Zusammenbruch des Kommunismus im Osten erprobt, wird auch von Nordkoreas großem Gegenspieler, den USA, unterstützt. Allein das lässt den Verdacht aufkommen, dass in der US-Politik gegen Kim Jong-ils atomaren Erpresserstaat etwas grundsätzlich falsch läuft.

Läge Nordkorea nicht in der Weltecke, in der es nun einmal liegt, hätte es Rohstoffe, die für den Weltmarkt bedeutend wären, und Nachbarn, auf die es Einfluss nehmen könnte; wäre Nordkorea der Irak oder der Iran - das Regime von Kim Jong-il wäre vielleicht nicht mehr an seinem Platz oder zumindest zu einschneidenden Veränderungen gezwungen worden. Aber Kims Welt sieht bekanntlich anders aus. In der nun schon mehr als vier Jahre, seit dem Einzug von George W. Bush ins Weiße Haus im Jänner 2001 währenden Neukonzipierung der amerikanischen Koreapolitik hat Kim Jong-il vieles bewerkstelligt: UN- Inspektoren aus dem Land geworfen, den Sperrvertrag aufgekündigt, vielleicht sechs neue Atombomben bauen lassen.

Aus der Denkpause, die sich die Bush-Regierung zuerst verordnet hatte, ist dafür bald eine Art von Strategie geworden. Kims Isolierung ist für Washington von Vorteil: Die US-Regierung muss keine substanziellen Verhandlungen über Nordkoreas Atomprogramm anbieten. Stattdessen hat sie - nicht anders als Pjöngjang - Zeit gewonnen: durch die Einrichtung von Sechs-Parteien-Gesprächen, Diskussionen über die Tischform und den Austausch von Beleidigungen ("Pygmäe" nannte Bush Kim Jong-il; als "blutrünstige Bestie" wurde Vizepräsident Dick Cheney bezeichnet). Bushs Wiederwahl hat keine sichtbare Änderung der Nordkoreapolitik gezeitigt. In eine neue Runde der Sechs-Parteien-Gespräche geht Washington ohne neue Ideen, aber mit Vorwürfen gegen den "strategischen Rivalen" China. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.6.2005)