Das Gerücht, der Kanzler könnte zurücktreten und seine Position SPD-Chef Franz Müntefering überlassen, hatte sich in solcher Windeseile verbreitet, dass Gerhard Schröder selbst es dementierte. "Grober Unfug" sei diese Geschichte, versicherte er und gab den Journalisten einen Rat: "Fallen Sie nicht auf jedes Gerücht rein."
Genützt hat es wenig. Am Mittwoch stand schon wieder eine neue Spekulation in den Medien, diesmal in der Saarbrücker Zeitung. Sie schreibt, nach der absehbaren Wahlniederlage werde der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck Müntefering als Parteichef nachfolgen. Der SPD-Vorstand gebe die Wahl ohnehin schon verloren und plane bereits für die Zeit danach. Nach einem totalen Wahldebakel könne auch Müntefering die SPD nicht mehr glaubhaft vertreten.
Beck dementiert
Aus Rheinland-Pfalz kam natürlich umgehend ein Dementi. Dennoch gilt Beck als einer der wenigen in der SPD, die Schröder oder Müntefering beerben könnten. Und mittlerweile scheint in der SPD schon jedes Szenario möglich. Im März vorigen Jahres, als Müntefering Schröder auf dem Parteivorsitz nachfolgte, war es noch undenkbar, darüber zu spekulieren, dass "Münte" eines Tages auch Kanzler werden könnte. Dazu habe er nicht das Format, zudem fehle ihm die außenpolitische Erfahrung. Müntefering selbst hat damals gesagt: "Es gibt nur ein Amt, das schöner ist als der SPD-Vorsitz - das vom Papst."
Immer lauter werden auch die Forderungen nach einem Kurswechsel in der SPD. Mehrere Landes- und Bezirksvorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) wollen Schröders Arbeitsmarktreformen nachbessern. "Wir müssen näher zu den Menschen kommen", sagt der Vorsitzende der AfA-Hessen-Nord, Rolf Blettermann. Das Gerücht, der Arbeitnehmerflügel wolle den ehemaligen SPD-Generalsekretär Ottmar Schreiner als Gegenkandidaten zu Schröder aufstellen, hat dieser als "Blödsinn" zurückgewiesen.
Struck enthält sich
Wie Schröder zu den geplanten Neuwahlen kommt, ist indes immer noch ungeklärt. Was nach dem Wahldebakel von Nordrhein-Westfalen zunächst als gefinkelter Überraschungscoup galt, ist mittlerweile zur Hängepartie geworden. Schröder selbst schweigt beim Thema Vertrauensfrage - was nicht nur die Opposition als Planlosigkeit deutet.