Wien - Was war entscheidend für jenes donnernde Nein, das die Franzosen am 29. Mai zur EU-Verfassung gesagt haben? Für Elisabeth Gauthier, eine gebürtige Österreicherin, die seit 25 Jahren in Frankreich lebt und seit zwei Jahren im Exekutivkommitee des Parti Communiste Fran¸cais (PCF) sitzt, ist die Antwort eindeutig: "Das war ein linkes Nein."

Die Wahlergebnisse zeigten klar, dass die Mobilisierung rechter EU-Gegner wie Jean-Maire Le Pen oder Jean-Pierre Chevenement ohne Erfolg geblieben seien. Damit, meint Gauthier, die vergangene Woche mit dem EU-Abgeordneten Hans-Peter Martin in Wien debattierte, verböten sich alle Versuche, die Verfassungsgegner ins Nationalisten-Eck zu drängen. Es ginge ihnen vielmehr um ein soziales Europa, in denen Ängste vor dem billigen "polnischen Installateur" keine Rolle mehr spielten.

Gauthier meint, dass sie noch nie eine so differenzierte Diskussion erlebt habe - wobei die Vertreter des Nein den Vertrag meist viel besser gekannt hätten. Dazu hat auch die PC beigetragen: Sie druckte in der Humanité den vollen Text ab. "Da konnte man genau sehen, dass nur von einem droit de travailler die Rede ist, aber nicht von einem droit au travail", von einem Recht zu arbeiten also, nicht aber von einem Recht auf Arbeit.

Den Vertretern des Ja seien vielfach die Argumente ausgegangen. Die Kooperation der PC mit Gruppen wie Attac verlaufe heute auf Basis strikter Gleichberechtigung - Kurs vorgeben kann die einst stolze PC, deren Kandidat Robert Hue bei den Präsidentschaftswahlen 2002 gerade einmal dreieinhalb Prozent erhielt, keinen. Gauthier: "So etwas ginge heute nicht mehr." (win/DER STANDARD, Printausgabe, 9.6.2005)