Grafik: Der Standard

Wir haben jetzt ein Spongebob-Mensch ärgere Dich nicht, und H. hat gleich bemerkt, dass Thaddäus Tentakel aussieht wie Osama Bin Laden. Sind die Amerikaner nicht anbetungswürdig? Kaum haben sie einen Feind, integrieren sie ihn schon in eine Daily Soap und geben ihm die letzte Dodel-Rolle. Osama wird jeden Abend kochen, wenn er sich wieder als Super-Loser im Spongebob sieht. Aber vermutlich schaut er lieber die Simpsons.

Was ich sagen wollte: Verführung ist ein heiteres Geschäft, Erziehung ein grausames. Nicht nur die Frau G. scheint damit oft überfordert, auch ich versage oft kläglich. Leider ist die Verführung Minderjähriger nicht erlaubt, sondern nur die Erziehung, und weil man da die Kinder einerseits in ihrer Individualität bestärken und sie andererseits Gemeinwohl-kompatibel formen soll, gibt das eine Schizophrenie, die damit endet, dass ich bisweilen schreie: "Wenn ihr nicht hört, gehen wir ins Mumok!" Worauf die Kinder sich dann heulend unter dem Tisch verkriechen, und ich mich selbst anwidere, weil ich so unbeherrscht zum schwarzen Mann gegriffen hab.

Das Mumok ist das Museum für moderne Kunst in Wien und eine Erfindung vom Herrn Ludwig. Dessen Vater war Schokoladen-Tycoon gewesen, aber der Herr Ludwig ist Sammler geworden. Irgendein Analytiker hat einmal geschrieben, Sammler wollen den Vater überwinden, weil sie das vom Vater geerbte Geld in etwas anlegen, was dem Vater die Zehennägel aufrollt - also hat der Herr Ludwig Aktionismus gesammelt, das ist Kunst, wo viel Blut fließt und alles abgeschlachtet wird. Man kann nicht nur Väter damit erschrecken, sondern auch Kinder.

Jetzt hängen in Wien Plakate, wo draufsteht: Mumok ist frei. Huch, denken wir, die Zwangsneurose hört auf, der Aktionismus ist abgehängt, das Mumok ist frei für ganz viel schöne neue Kunst, z.B. eine komplette Zufallsbriefmarken-Sammlung, aber denkste, das Plakat bedeutet, dass nur der Eintritt frei ist. Ja, da rollt eine hunderttausende schwere Werbekampagne ab, nur weil der Eintritt frei ist, und ich frage: Wer zahlt denn die? Doch nicht etwa der Staat? Es ist mir ein Rätsel, wo der Staat das ganze Geld immer herholt - also von mir bekommt er leider nicht sehr viel -, und außerdem hätte ich "Der Mumok-Schock - jetzt nur 20 €" aufs Plakat geschrieben, denn der Sinn von Werbung ist schließlich, dass man Geld verdient. Der Rechnungshof ist ja leider immer nur mit dem kunsthistorischen Direktor beschäftigt, aber der hat wenigsten schöne Bilder. Angeblich hat ein Sektionschef, den man um mehr Geld für Besucherwerbung für die Museumsquartier-Museen angegangen ist, gemeint: "Es sitzen eh genug Leut im Hof. Ihr müßt's nur einitreiben". Ob's stimmt, weiß ich nicht, aber es ist doch trefflich formuliert.

Ihre Cosima Reif , Zufallskolumnistin (Der Standard/rondo/10/06/2005)