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Ein Entwurf Raf Simons für den kommenden Winter.

Foto: APA/EPA

In drei Wochen ist es für den belgischen Designer Raf Simons so weit: Er wird am 1. Juli seinen neuen Job als Kreativdirektor des Modelabels Jil Sander antreten, das seit 1999 unter dem Dach der Prada-Gruppe firmiert. Firmengründerin und Namensgeberin Jil Sander hatte sich im November 2004 verabschiedet, übrigens bereits zum zweiten Mal. Schon im Jänner 2000 war die Hamburgerin nach einem Streit über Qualitätsstandards mit Prada-Boss Patrizio Bertelli gegangen. Zur italienischen Modeholding gehören neben dem Eigenlabel, das von Miuccia Prada, Ehefrau von Prada-Boss Patrizio Bertelli, geführt wird, die Zweitlinie Miu Miu, die Marke Helmut Lang (ebenfalls 1999 gekauft, Labelgründer Helmut Lang verließ im Jänner dieses Jahres das Unternehmen) sowie Anteile an der britische Schuhmarke Church's und dem Label Azzedine Alaia.

Mit Raf Simons hat sich Prada für einen in der breiten Öffentlichkeit relativ unbekannten Namen entschieden. Was auch daran liegen könnte, dass der 37-jährige Belgier bisher ausschließlich Herrenkollektionen entworfen hat. In der Szene gilt Simons als einer der wichtigsten Erneuerer der Männermode, als Designer mit hohem Kreativpotenzial und klarem Profil.

Er wird oft dem Avantgarde-Pool Antwerpens zugerechnet...

... in der belgischen Modemetropole hat Simons auch sein Atelier, seine Ausbildung absolvierte er jedoch nicht an der dortigen renommierten Akademie der Schönen Künste. Eigentlich ist Raf Simons Industrial Designer, nach Kontakten mit Walter Van Beirendonck und Martin Margiela wandte er sich aber der Mode zu. Seit 2000 ist der Designer Gastprofessor an der Modeklasse der Universität für angewandte Kunst in Wien, über eine eventuelle Verlängerung seiner Professur soll noch im Juni entschieden werden.

"Schneiderhandwerk trifft Jugendkultur" und "Individualismus für Individuen": So beschreibt Raf Simons für das Modekompendium "Fashion Now" seinen Stil, seine Kollektionen sind im Spannungsfeld zwischen Street Style und traditioneller Schneiderkunst angesiedelt. "Kleider stehen nicht im Mittelpunkt von Simons' Universum", ist auf der Website des Designers (www.rafsimons.com) zu lesen, wichtiger seien ihm Haltung, Stimmungen und Statements. Und immer wieder der Kontext zu Kunst, Musik, Performance und Literatur, der in die Kollektionen einfließt.

Es gehe ihm um die Untersuchung der Psyche von Männern und Burschen (und natürlich auch seiner eigenen), die Inspiration komme aus der Rebellion, die sich in einstigen und aktuellen Jugendkulturbewegungen manifestiert und von Simons mit traditionellen Elementen gemixt wird: Mode für "selbstsichere Außenseiter". In Kleidung umgesetzt heißt das zum Beispiel Anklänge an englische Schuluniformen, knappe, klassische Schnitte mit Gothic-Elementen, ein Mix aus Punk-, New Wave-und Campuslook, Konfrontationen zwischen natürlichen Materialien und Industriestoffen wie Gummi und Plastik.

Kühl und puristisch, verführerisch und elegant - so präsentiert sich derzeit die Jil-Sander-Welt. Wie Raf Simons Modeuniversum für Frauen aussieht, darauf darf man gespannt sein. Spätestens dann wird es wohl auch offizielle Bilder vom notorisch fotoscheuen Designer selbst geben... (Margit Wiener/Der Standard/rondo/10/06/2005)