Wien - Der Nationalrat beschließt am Donnerstag ein Verfassungsgesetz, das die Bestellmodalitäten für den Bundesratspräsidenten ändert. Damit kann verhindert werden, dass der Gurker Bürgermeister Siegfried Kampl nach seinen bedenklichen Aussagen zur NS-Zeit mit 1. Juli den Vorsitz in der Länderkammer übernimmt. Im Folgenden die Regelung aus Art. 36 Abs 2 Bundesverfassungsgesetz im Wortlaut.

"Als Vorsitzender fungiert der an erster Stelle entsendete Vertreter des zum Vorsitz berufenen Landes, dessen Mandat auf jene Partei zu entfallen hat, die die höchste Anzahl von Sitzen im Landtag oder, wenn mehrere Parteien die gleiche Anzahl von Sitzen haben, die höchste Zahl von Wählerstimmen bei der letzten Landtagswahl aufweist...Der Landtag kann jedoch beschließen, dass der Vorsitz von einem anderen Vertreter des Landes geführt werden soll, dessen Mandat im Bundesrat auf diese Partei entfällt; ein solcher Beschluss bedarf jedenfalls der Zustimmung der Mehrheit jener Mitglieder des Landtags, deren Mandate im Landtag auf diese Partei entfallen."

Präsident kann verhindert werden

Im Klartext heißt das, dass im Gegensatz zum Ist-Zustand ein einmal gewählter Präsidentschaftskandidat doch noch verhindert werden kann. Ausschlaggebend ist dabei einzig, dass die mandatsstärkste Partei der Umreihung unter den eigenen Bundesräten mehrheitlich zustimmt. Am freien Mandat wird nicht gerüttelt. Eine Abberufung aus der Länderkammer an sich ist weiter nicht möglich.

In der Begründung des Vier-Parteien-Antrags heißt es zur Möglichkeit der Umreihung: "Dadurch kann ein Landtag auf Umstände reagieren, die eine Vorsitzführung durch den an erster Stelle entsendeten Vertreter als untunlich erscheinen lassen." Die Beschlussfassung kann jederzeit innerhalb der Gesetzgebungsperiode des Landtages und auch während der Vorsitzführung des betreffenden Landes erfolgen.

Verfassungsrechtler sehen keine Probleme

Keine Probleme sehen Verfassungsrechtler in der Gesetzesänderung, um den umstrittenen Kärntner Bundesrat Siegfried Kampl am Vorsitz in der Länderkammer zu hindern. Die vier Parlamentsparteien haben sich gestern auf die Änderung einer Verfassungsbestimmung geeinigt, die eine Umreihung der Kandidaten für den Vorsitz ermöglicht. Eine Verfassungswidrigkeit besteht laut den Experten Heinz Mayer, Theo Öhlinger und Bernd Raschauer nicht.

Konkret wird mit der Änderung, die bereits heute im Parlament beschlossen wird, dem jeweiligen Landtag das Recht eingeräumt, den Kandidaten für den Vorsitz zurück zu reihen. Entscheidend ist dabei, dass die stärkste Fraktion dem auch mehrheitlich zustimmt.

Der Wiener Verfassungsrechtler Theo Öhlinger sprach am Donnerstag gegenüber der APA von einer "vernünftigen Lösung", die auch in Zukunft "einen gewissen Sinn haben kann". Der von Kampl in den Raum gestellten Bekämpfung vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) räumt er keine Chance ein. Bei einer Verfassungsbestimmung könne eine Verfassungswidrigkeit nur vorliegen, wenn es sich um eine Gesamtänderung der Verfassung handle bzw. ein Grundprinzip der Verfassung geändert werde. "Und das ist hier natürlich nicht der Fall", sagte Öhlinger. Anfechten könne Kampl die Causa nur, wenn im Kärntner Landtag ein Formalfehler passiere.

Auch Bernd Raschauer konnte nach Durchsicht des Gesetzestextes keine verfassungsrechtlichen Probleme feststellen. Eine Gesamtänderung der Verfassung liege "sicher nicht" vor.

"Kein Problem" mit der Gesetzesänderung sah auch der Experte Heinz Mayer. Er sprach von der "kleinstmöglichen Korrektur, insofern ist das recht gut gelungen". Der Vorsitz bleibe beim jeweiligen Land und der stärksten Fraktion, nur die Person könne gewechselt werden. Sein Rat allerdings: Man solle sich die Sache "grundsätzlicher überlegen". Schließlich könne auch ein Nationalrats- oder Landtags-Präsident "mit solchen Dingen von sich reden lassen". Mayer: "Dann stehen wir irgendwann wieder da." (APA)