New York - China hat in einer ersten Reaktion den Vorstoß der "Gruppe der Vier" (Deutschland, Brasilien, Indien und Japan), die Forderung nach einem Vetorecht in einem erweiterten UNO-Sicherheitsrat fallen zu lassen, kritisiert. Außenamtssprecher Liu Jianchao sprach am Donnerstag von einem "unreifen Vorschlag", den Peking mit Besorgnis sehe. Weitere Gespräche seien nötig, um die Interessen aller Parteien zu berücksichtigen.

Die "Gruppe der Vier" hatte am Mittwoch am New Yorker UNO-Hauptsitz einen neuen Entwurf für eine Reform des höchsten Entscheidungsgremiums der Vereinten Nationen vorgelegt. Über ein Vetorecht für neue ständige Mitglieder soll demnach erst in 15 Jahren bei einer Überprüfung der UNO-Reform entschieden werden.

Der japanische Kabinettssekretär Hiroyuki Hosoda bezeichnete die Änderung der Initiative am Donnerstag als "kleinere Anpassung", die verschiedene Meinungen anderer Länder berücksichtige. Premier Junichiro Koizumi sagte, der überarbeitete Plan sei für dessen Gegner akzeptabler.

In der Vollversammlung hat sich eine Gegengruppe formiert, die eine Erweiterung der nicht-ständigen Sitze im Sicherheitsrat auf 20 vorgeschlagen hat. Diese sollten von der Vollversammlung in regelmäßigen Abständen gewählt werden, was demokratischer und transparenter sei. Zu dieser Gruppe gehören auch Italien, Spanien und die Türkei.

Der Plan der Vierer-Gruppe sieht eine Erweiterung des Sicherheitsrats von 15 auf 25 Länder vor. Sechs der zusätzlichen Sitze sollen permanent an die so genannte Gruppe der Vier plus zwei afrikanische Länder gehen. In einem Brief an die Botschafter der 191 UNO-Mitgliedstaaten schreibt die Gruppe, nach Veröffentlichung ihres ersten Entwurfs zur Erweiterung am 16. Mai sei klar geworden, dass die Initiative für dieselben Rechte wie die bisherigen ständigen Ratsmitglieder USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich auf Probleme stoße. Sie bat um "aktive Unterstützung und Kooperation" für die Version mit dem aufgeschobenen Vetorecht.

Die fünf etablierten ständigen Mitglieder haben mehrheitlich skeptisch, China sogar offen ablehnend auf den Vorstoß der Vierergruppe reagiert. Der chinesische UNO-Botschafter Wang Guangya sagte bereits am Dienstag, die Vetomächte fühlten sich bedrängt und benötigten mehr Zeit, um über die strittige Frage nachzudenken. Eine Abstimmung sei jetzt "sehr gefährlich", warnte er die Vier.

US-Außenministerin Condoleezza Rice machte unterdessen dem deutschen Außenminister Joschka Fischer in Washington klar, dass die USA derzeit nur Japan im Streben nach einem ständigen Sicherheitsratssitz unterstützten. Frankreich schlug sich dagegen auf die Seite der Vier und erklärte über seinen UNO-Botschafter Jean-Marc de la Sabliere, es unterstütze den geänderten Entwurf. Von Großbritannien wurde eine ähnliche Erklärung erwartet; Russland neigt dagegen nach Einschätzung von Diplomaten eher der skeptischen Haltung der USA und Chinas zu.

Eine Reform des Sicherheitsrats muss von zwei Dritteln der 191 UNO-Mitglieder beschlossen werden. Sollte diese Hürde genommen werden, muss mit der Änderung der UNO-Charta eine noch höhere überwunden werden: Neben der Zwei-Drittel-Mehrheit in der Vollversammlung müssen auch die fünf Vetomächte ausdrücklich zustimmen. (APA/AP)