Kiew - Die Ukraine sieht durch die derzeitige europäische Verfassungskrise keine Auswirkungen auf seine EU-Beitrittsambitionen. Vielmehr könnte der absehbare Regierungswechsel bei der deutschen Parlamentswahl im Herbst "neue Gelegenheiten für uns eröffnen", sagte der ukrainische Vizeaußenminister Boris Sobolew am Mittwoch in Kiew. Unter einer Bundeskanzlerin Angela Merkel werde Deutschland nämlich einen "aufrichtigeren und positiveren Dialog mit uns haben, ohne auf Moskau zu vergessen".

"Teil der europäischen Zivilisation"

Staatspräsident Viktor Juschtschenko hatte am Mittwoch bei einem Besuch in der Türkei betont, dass die Ukraine als "untrennbarer Teil der europäischen Zivilisation" weiter an seinem Ziel der EU-Mitgliedschaft festhalte. "Die Vereinigung Europas ist ein außerordentliches Projekt ohne Gleichen, und wenn auf diesem Weg Probleme auftauchen, so wie die Debatte über die Verfassung, dann würde ich das als Ausnahme und nicht als Regel bezeichnen", betonte Juschtschenko.

Störfaktor Verfassungsdebatte

Politische Beobachter in Kiew sind jedoch nicht so optimistisch. Wolodymyr Malinkowitsch sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass die Verfassungsdebatte einen möglichen Beitritt der Ukraine verzögern werde. In einem Kommentar des Magazins Expert hieß es sogar, dass die Chancen für eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine, die schon vor dem französischen und niederländischen Nein zur EU-Verfassung nicht gut gewesen seien, nun "völlig verschwunden" seien. Die "Bürokraten in Brüssel" werden die zahlreichen Europaskeptiker nicht durch Beitrittsversprechen an weitere Länder gegen sich aufbringen wollen. Kommentatoren erwarten nun auch, dass Russland angesichts der fehlenden EU-Perspektive seinen Druck auf die Ukraine erhöhen werde. (APA)