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Foto: AP/LEE JIN-MAN
Die Fotojäger provozieren mittlerweile sogar Autounfälle, um Bilder der Stars zu bekommen. Nun prüft die Staatsanwaltschaft, ob man den Fotografen Bandenbildung vorwerfen kann.

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Los Angeles/Wien – Auf Capri war die Hölle los: "Man hat nicht einmal die Tür aufgebracht! Ein unglaublicher Eingriff ins Privatleben", beklagte sich Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser am Mittwoch bei seinem Prozess um die Veröffentlichung von Kussfotos. Die hätten auch dazu geführt, dass er bei seinen Urlauben auf der Mittelmeerinsel mittlerweile von einem Dutzend Paparazzi verfolgt werde – "hinter Bäumen, zwischen Sträuchern, am Meer" würden sich die Fotografen postieren.

Riskante Verfolgungsjagden

Im Vergleich zur Star-Metropole Los Angeles ist die nahe Feriendestination allerdings ein Hort der Zurückhaltung und Sicherheit, geht man nach einem Bericht der New York Times. Denn immer öfter würden Fotojäger in und um Hollywood mit riskanten Verfolgungsjagden versuchen, die Berühmtheiten zu erwischen – und dabei selbst vor Rammmanövern nicht zurückschrecken.

Wie im Fall der 18-jährigen Schauspielerin Lindsay Lohan, die vergangene Woche auf einer belebten Straße einen Autounfall hatte. Ihr Mercedes-Coupé wurde von einem Minivan gerammt, an dessen Steuer ein 24-jähriger Fotograf saß. Innerhalb von Sekunden waren mindestens drei andere Paparazzi am Unfallort, um Bilder der Jungschauspielerin zu schießen.

Von Fotografenautos eingekeilt

Auch Branchenkollegin Reese Witherspoon machte vor einigen Wochen eine ähnliche Erfahrung: Nach einem Besuch im Fitnessstudio war sie von Fotografenautos eingekeilt. "Einer von ihnen versuchte mich beim Wegfahren hinten links zu rammen. So etwas ist noch nie zuvor pasiert", erklärte die 29-Jährige.

Staatsanwaltschaft und Polizei haben mittlerweile Ermittlungen eingeleitet, bei denen die Fotobranche durchleuchtet werden soll. "Unsere Sorge ist, dass durch die überaggressive Taktik der Paparazzi jemand verletzt oder getötet wird", verdeutlicht William Hodgman von der Anklagebehörde.

Den Paparazzi soll Bandenbildung vorgeworfen werden

Da die verfassungsmäßig verankerte Pressefreiheit auch für Fotojournalisten gilt, haben die Stars anders als in Österreich (siehe Wissen) auf dem Rechtsweg kaum Chancen, ihr Alltagsleben vor neugierigen Blicken zu schützen. Die Justiz in Los Angeles verfolgt aber nun einen neuen Ansatz: Den Paparazzi soll Bandenbildung vorgeworfen werden.

Tatsächlich seien die illegalen Handlungen der Fotografen im Einzelfall oft nicht so dramatisch, meint Jeff Dunn von der Polizei in Los Angeles. "Aber wenn man in Betracht zieht, dass diese Menschen normalerweise in Gruppen arbeiten, haben sie eine kriminelle Verschwörung. Und das ist ein Verbrechen." Sollte das bewiesen werden können, könnte das in letzter Konsequenz auch zu Anklagen gegen die Blätter der Regenbogen und Boulevardpresse führen, die für die Star-Bilder zahlt.

Die sich schuldlos sieht: "Jeder der heutzutage eine Berühmtheit ist, weiß, dass es Teil des Jobs ist", ist Janice Min vom Magazin US Weekly überzeugt. Darüber hinaus komme es in ihrem Haus immer wieder vor, dass man unter fragwürdigen Umständen zustande gekommene Fotos auf Bitte des Abgelichteten nicht ins Blatt rücke. (Michael Möseneder, DER STANDARD – Printausgabe, 10. Juni 2005)