Es wird Zeit. Das Frühjahr war sehr groß. Jetzt legt der Sommer seine kurzen Schatten auf die Stadien, und die erhitzten Gemüter können sich anderswo austoben. Zwölf verletzte Polizisten haben wild gewordene Rapid-Fanhorden nach der Meisterfeier vor dem Rathaus zurückgelassen. Wären nicht Ultras und Alte Garde zwischen die Wütenden und die Polizei gegangen, wer weiß, was hätte passieren können.

Anlässlich der Präsentation des EURO-2008-Logos meinte ÖFB-Präsident Friedrich Stickler, man könne Grenzkontrollen aufleben lassen, um Störenfriede außer Landes zu halten. Das Schengen-Abkommen wird aufgehoben, um die EM-Endrunde zu schützen.

Sticklers Vorschlag ist nicht unberechtigt und von einer nachvollziehbaren Sorge getragen. Doch wie können der ÖFB und die Bundesliga die Gewalt rund um die Stadien im Inland deeskalieren? Eine offenbar völlig außer Rand und Band geratene Splittergruppe der Rapid-Fans zieht eine Spur der Verwüstung durchs Land. Die Schlägereien rund ums Rathaus müssen so erbittert gewesen sein, dass bei einer der nächsten Schlachten letale Folgen zu befürchten sind. Die Fußballfunktionäre scheinen aus verständlichen Gründen überfordert, und die herkömmlichen Methoden der Befriedung müssen angesichts der medikamentös und anderweitig aufgerüsteten Krawallos scheitern.

Der Fußball verwandelt sich von einem Spiel in eine bitterböse Tragödie. Einem Szenegerücht zufolge wird Austrias Tormann Joey Didulica als Ziel einer Attacke gehandelt. Die internationale Zusammenarbeit gegen die Gewalt wird optimiert, im nationalen Rahmen herrscht Ratlosigkeit. Aber sobald etwas passiert ist, werden alle schon lange gewarnt haben. (DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 10. Juni 2005)