Sydney - Nach dem Tod von fast 90 Patienten soll ein Arzt in Australien wegen Mordes angeklagt werden. Eine Ermittlungskommission empfahl am Freitag, den als "Dr. Death" bekannten Mediziner vor Gericht zu stellen. Jayant Patel war zunächst in den USA tätig, wo er seine Approbation im Jahr 2001 zurückgeben musste. Behörden in Oregon und New York hatten ihm grobe Fahrlässigkeit in mehreren Fällen vorgeworfen. Bei seiner Bewerbung in Australien vor zwei Jahren soll er diese Disziplinarverfahren verschwiegen haben.

Kollegen haben Eingriff abgelehnt

Laut dem vorläufigen Bericht der Ermittlungskommission soll Patel wegen des Todes eines Patienten angeklagt werden, der fünf Tage nach einer Operation gestorben war. Patel hatte ihm einen Teil der Speiseröhre entfernt, obwohl mehrere Kollegen den Eingriff wegen der befürchteten Komplikationen abgelehnt hatten. Einer der Mediziner erklärte, er "wäre überrascht gewesen, wenn der Patient überlebt hätte".

Die Kommission warf dem aus Indien stammenden Patel außerdem Fahrlässigkeit vor. Er soll eine Patientin nach der Amputation eines Beines mehrere Wochen lang nicht behandelt haben, daraufhin entwickelte sich bei der Frau Wundbrand.

Aufenthaltsort ist nicht bekannt

Patel arbeitete seit 2003 zunächst als Chirurg und später als Chefarzt der Chirurgie in der Bundaberg-Klinik in Queensland. Kurz nachdem im April die ersten Anschuldigungen von Kollegen gegen ihn auftauchten, die ihn mit dem Tod oder schweren Verletzungen von Patienten in Verbindung brachten, verließ er das Land. Sein derzeitiger Aufenthaltsort ist nicht bekannt.

Aus den USA könnte er nach einer offiziellen Anklage an Australien ausgeliefert werden. Patel ist amerikanischer Staatsbürger und besitzt ein Haus in Portland im Staat Oregon. Medienberichten zufolge könnte er auch nach Indien geflohen sein. Bei der Fahndung nach Patel hat die australische Polizei Interpol eingeschaltet.(APA)