Brüssel/Paris - Angesichts kräftig gestiegener Kurse an den Ölmärkten prüft die OPEC eine Wiedereinführung von Preiszielen. Das Produktionskartell untersuche, wie ein neues Preisband mit Mindest- und Höchstpreisen aussehen könne, "das für Verbraucher und Produzenten akzeptabel ist", sagte OPEC-Präsident Scheich Ahmed Fahd el Sabah am Donnerstagabend nach einem Treffen mit EU-Vertretern in Brüssel.

Für das nächste OPEC-Treffen am Mittwoch erwartet er allerdings noch keine Entscheidung. Jedoch sei im Bereich der Förderung eine "Geste" an die Verbraucherländer möglich, erklärte das OPEC-Mitglied Nigeria. Unterdessen verwies die Internationale Energieagentur (IEA) auf große Unsicherheitsfaktoren im Ölmarkt.

"Wir hören viele, viele Zahlen", sagte Scheich Ahmed zur OPEC-internen Debatte über ein neues Preisband. "Wenn wir diese Zahlen abgleichen, werden wir herausfinden, dass sie zwischen 30 und 50 Dollar liegen werden." Die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) hatte ihr vor rund fünf Jahren eingeführtes Preisband Ende Jänner angesichts stark gestiegener Kurse "vorläufig" ausgesetzt. Es hatte bis dahin einen Korridor zwischen 22 und 28 Barrel pro Fass vorgegeben. Ursprünglich war vereinbart worden, dass die OPEC bei Unter- oder Überschreitung dieser Werte ihre Förderung erhöht oder senkt. Ein Automatismus war daraus aber nie geworden.

"Probleme für Produzenten und Verbraucher"

EU und OPEC betonten, beide Seiten hielten extreme Preisschwankungen über einen längeren Zeitraum nicht für wünschenswert. Dies könne "Probleme für Produzenten und Verbraucher" schaffen. Luxemburgs Wirtschaftsminister Jeannot Krecke, dessen Land die EU-Ratspräsidentschaft innehat, sagte, Marktdaten zeigten, dass das Angebot über der Nachfrage liege.

Allerdings fehlten zuweilen Kapazitäten, das Rohöl in Raffinerien zu verarbeiten. Deshalb sei es wichtig, dass die Anlagen überall in der Welt modernisiert und ausgebaut würden. Darauf wollten EU und OPEC gemeinsam hinarbeiten. Vor allem in den USA sind viele Raffinerien veraltet, was in der jetzt angelaufenen US-Reisesaison unter anderem bei Benzin immer wieder Knappheiten verursacht hatte.

Die IEA ließ unterdessen in ihrem Monatsbericht ihre Vorhersage für den Ölverbrauch in diesem Jahr mit 84,3 Mio. Fass pro Tag praktisch unverändert. Dies entspricht einer Zunahme von 2,2 Prozent im Vergleich zu 2004. Allerdings setzte die Agentur die Nachfrageerwartung für das vierte Quartal um 200.00 Barrel nach oben. Grund sei sei eine erwartete steigende Nachfrage vor allem in China. Gleichzeitig korrigierte die IEA ihre Vorhersage für das laufende zweite Quartal nach unten, weil sich der Verbrauch in der Volksrepublik als niedriger erweist als erwartet.

China-Nachfrage ist Unsicherheitsfaktor

"Wie der Treibsand in der Wüste verändert der Ölmarkt ständig seine Form und Struktur", hieß es im IEA-Monatsbericht. Unsicherheitsfaktoren seien die stark schwankende Nachfrage in China, weit auseinandergehende Schätzungen für den Verbrauch im Winter und politische Risiken in mehreren Produktionsländern. Gleichzeitig verwies die Agentur auf die Verletzlichkeit der US-Produktion durch Wirbelstürme. Im vergangenen August und September waren mehrere Hurrikans über den Golf von Mexiko und die Ostküste der Vereinigten Staaten hinweggefegt. Allein der Wirbelstrum "Ivan" beschädigte durch Erdrutsche, Riesenwellen und starke Sturmböen rund 16.000 Kilometer Ölpipelines und 150 Förderstätten. (APA)